Berlin. Der künftige US-Präsident Donald Trump redet im Interview die EU, die Nato und Handelsabkommen klein. Die Reaktionen sind vielfältig.

Wie reagieren auf das, was Donald Trump im Interview mit „Bild“ und „The Times“ von sich gegeben hat? Die häufigste Reaktion von Politikern und Organisationen aus aller Welt ist: Erst mal die Amtsübernahme abwarten. Und vieles werde Trump nicht durchsetzen können. Trumps kontroverseste Aussagen und die Reaktionen darauf:

• Trump und die EU: „Schauen Sie, zum Teil wurde die Union gegründet, um die USA im Handel zu schlagen, nicht wahr? Also ist es mir ziemlich egal, ob sie getrennt oder vereint ist, für mich spielt es keine Rolle. (...) Wenn Sie mich fragen: Es werden weitere Länder austreten.“

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) ging am Rande eines Treffens mit dem neuseeländischen Premierminister auf die Trump-Aussagen ein. Offenbar bemüht sie sich um einen Termin mit dem US-Präsidenten.
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) ging am Rande eines Treffens mit dem neuseeländischen Premierminister auf die Trump-Aussagen ein. Offenbar bemüht sie sich um einen Termin mit dem US-Präsidenten. © dpa | Kay Nietfeld

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) riet, sich von der Trump-Kritik nicht beirren zu lassen: „Also, ich denke, wir Europäer haben unser Schicksal selbst in der Hand.“ Nach Reuters-Informationen bemüht sie sich um einen Besuch bei Trump noch im Frühjahr. Die Empfehlung zu Gelassenheit kam nicht nur von der Kanzlerin. „Die Äußerungen zeigen einmal mehr, dass wir schnell mit ihm [Trump] ins Gespräch kommen und viel mit ihm und seinen Leuten reden müssen“, sagte Außenhandelspräsident Anton Börner. „Wer glaubt, die Europäische Union sei gegründet worden, um den USA zu schaden, hat eine krasse Fehlvorstellung.“

EU-Wirtschaftskommissar Pierre Moscovici widersprach der Erwartung, die EU werde zerfallen. „Ich glaube, die Vorstellung, dass der Brexit ansteckend sein wird, ist reine Fantasie, eine schlechte Fantasie.“ Für die Grünen muss als „geradezu zwingende Konsequenz“ aus Trumps Aussagen das höchste Ziel der deutschen Außenpolitik „die Stärkung und der Erhalt der Europäischen Union“ sein. Grünen-Parteichef Cem Özdemir sagte, die EU müsse auch in der Verteidigungspolitik gemeinsam handlungsfähig werden.

• Trump und die Strafzölle: „Sie können Autos für die USA bauen, aber sie werden für jedes Auto, das in die USA kommt, 35 Prozent Steuern zahlen.“

Die Aktien deutscher Autobauer verloren zeitweise mehr als zwei Prozent, obwohl sie Werke in den USA haben. Darauf verweisen auch BMW-Manager, denen Trump konkret die Zölle angedroht hatte: Das größte BMW-Werk der Welt steht in den Vereinigten Staaten: in Spartanburg in South Carolina. Alle X5-Geländewagen und insgesamt jährlich über 400.000 Fahrzeuge werden dort produziert – 70 Prozent für den Export. BMW-Chef Harald Krüger sagte der „Welt“: „Ich bin überzeugt, dass man in den USA zur Kenntnis nimmt, dass BMW auch in Amerika einer der größten Automobilhersteller ist und dort direkt und indirekt rund 70.000 Menschen beschäftigt.“

Wirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) mahnte, nicht gleich in Panik zu verfallen: „Ich kann nur raten, aufgrund solcher Positionen nicht hektisch zu werden, sondern abzuwarten, was passiert.“ „Würden wir uns derart abschotten wie es der neue US-Präsident vorhat, würden wir Hunderttausende von Arbeitsplätzen verlieren.“

EU-Parlamentspräsident Martin Schulz (SPD) steht mit der Meinung nicht alleine, dass Trump viele Ankündigungen nicht umsetzen kann.
EU-Parlamentspräsident Martin Schulz (SPD) steht mit der Meinung nicht alleine, dass Trump viele Ankündigungen nicht umsetzen kann. © dpa | Julien Warnand

CDU-Fraktionsvize Michael Fuchs forderte, deutsche Firmen sollten sich nicht einschüchtern lassen: „Trump wird nicht alles, mit dem er jetzt droht, durchsetzen können“, sagte Fuchs. „Strafzölle müssen vom Kongress abgesegnet werden. Nicht einmal da stehen alle Republikaner hinter ihm.“ EU-Parlamentspräsident Martin Schulz sah es ähnlich: „Viele seiner Ankündigungen sind in sich nicht schlüssig, widersprechen den Aussagen aus seinem Team, und sie werden sich so auch nicht umsetzen lassen“, sagte Schulz unserer Redaktion. Außenminister Frank-Walter Steinmeier sagte: „Wir gehen davon aus, dass unser amerikanischer Partner sich auch weiterhin an die völkerrechtlichen Verpflichtungen und WTO-Regelungen hält.“ Die WTO ist die Welthandelsorganisation.

Der Deutsche Industrie- und Handelskammertag (DIHK) fürchtet aber um das internationale Handelssystem: „Mit seinen Äußerungen stellt Donald Trump sowohl die bestehende Handelsarchitektur als auch die bisherige Form der wirtschaftlichen Zusammenarbeit infrage“, beklagte DIHK-Präsident Eric Schweitzer. Außenhandelspräsident Anton Börner sagte: „Was gar nicht geht, ist mitten im Spiel die Regeln zu ändern, wie Strafzölle auf Produkte, die bislang in völligem Einklang mit den bestehenden Regelwerken gehandelt werden.“

Auch vom Deutschen Gewerkschaftsbund kommt Unverständnis: Trumps Haltung sei „völlig blind für ökonomische Zusammenhänge“, sagte DGB-Chef Reiner Hoffmann. Negative Folgen kämen dann auch auf die USA zu: „Das werden auch die Amerikaner merken, dass dieser Pfad von Herrn Trump ein Holzpfad ist.“

• Trump und die Nato: „Sie ist obsolet. (..) Viele dieser Länder zahlen nicht, was sie zahlen müssten.“

Berichtete von Besorgnis in der Nato: Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD).
Berichtete von Besorgnis in der Nato: Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD). © dpa | Arne Dedert

Die Nato versucht, die Äußerungen herunterzuspielen. Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg sei „absolut zuversichtlich“, dass auch die neue US-Regierung zur Nato stehen werde, erklärte eine Sprecherin. Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier hatte zuvor nach einem Gespräch mit Stoltenberg gesagt, bei der Nato seien die jüngsten Äußerungen Trumps mit Besorgnis aufgenommen worden. Trump hat damit aber auch die Debatte befeuert, ob Nato-Staaten zu ihren Verpflichtungen stehen. Der Wehrbeauftragte Hans-Peter Bartels (SPD) fordert mehr sicherheitspolitische Anstrengungen. „Fest steht: Die europäischen Nato-Staaten müssen mehr tun für die Sicherheit in Europa“, sagte er unserer Redaktion. Russland stimmte Trump zu: Die Ansicht, die Nato sei „obsolet“, vertrete die Regierung in Moskau seit Langem, so Russlands Präsidialamtssprecher Dmitri Peskow.

• Trump, Merkel und die Flüchtlingspolitik: „Ich hatte das Gefühl, sie ist großartig, eine großartige Anführerin. Aber ich finde, sie hat einen äußerst katastrophalen Fehler gemacht, und zwar, all diese Illegalen ins Land zu lassen.“

Dazu gab es wenig Reaktionen auf großer Bühne. Die AfD nutzte das „Fehler“-Zitat von Trump und versah ein Bild mit dem Spruch: „Make Angela Merkel small again“ (Macht Merkel wieder klein). Dänemarks Rechtspopulisten schlossen sich Trump an. Der außenpolitische Sprecher der Dansk Folkeparti, Martin Henriksen, sprach von einem „katastrophalen Fehler“, der auch „auf Dänemark abgefärbt“ habe.

Merkel sagte, den Terrorismus solle man „von der Frage der Flüchtlinge noch einmal deutlich trennen.“ Viele Syrer seien nicht nur vor dem Bürgerkrieg geflohen, sondern auch vor Terrorismus in ihrem Land. (law/dpa/rtr)