Rechte Anhänger in den USA sind enttäuscht von Donald Trump
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Von Dirk Hautkapp
Washington. Der künftige US-Präsident lässt ein Versprechen nach dem anderen fallen: Folter, Klima und die Untersuchung gegen Hillary Clinton.
Während Donald Trump ein Wahlversprechen nach dem anderen aufweicht, weiter Spitzenpersonal einstellt und eine Brandmauer zur rechtsextremen Szene hochzieht, knallt zwei Wochen nach der Präsidentschaftswahl in Amerika ein Querschläger in die Debatte: War die Wahl zulasten von Hillary Clinton manipuliert?
Wissenschaftler haben in drei wahlentscheidenden Bundesstaaten Unregelmäßigkeiten entdeckt, berichteten US-Medien am Mittwoch. Konkret: In mehreren Wahlbezirken von Pennsylvania, Wisconsin und Michigan, in denen Wahlcomputer eingesetzt wurden, bekam Clinton bis zu sieben Prozent weniger Stimmen als in Nachbar-Bezirken, wo noch traditionell von Hand Wahlzettel ausgefüllt wurden.
Ob die Diskrepanz, die 30.000 Stimmen ausmacht, auf Manipulation oder unterschiedliches Wahlverhalten zurückgeht, müsse untersucht werden, schreibt ein Institut der Universität Michigan und rät Clintons Team, eine Neuauszählung zu beantragen. Würden Clinton die 46 Wahlleute-Stimmen aus den genannten Staaten nachträglich zugesprochen, wäre Trump um die Präsidentschaft gebracht.
Ob Clinton den Rechtsweg einschlägt, ist allerdings fraglich. Experten gehen nicht davon aus. Sie verweisen darauf, dass von abgegebenen 126 Millionen Stimmen im ganzen Land „knapp 100.000 in Wisconsin und Pennsylvania für Trump den Ausschlag gegeben haben“. Das sei knapp – aber Tatsache. Dagegen anzugehen, ohne Beweise für einen Betrug, sei für Clinton riskant. „Wenn nichts dran ist, steht sie als sehr schlechte Verliererin da“, sagte ein Experte der American University in Washington unserer Redaktion. In wenigen Tagen laufen zudem die Fristen für einen Einspruch gegen das Ergebnis ab. Am 19. Dezember kommt das „electoral college“ zusammen und bestimmt mit seinen 538 Wahlleuten offiziell den neuen Präsidenten.
Kurskorrekturen bei Folter, Klima und Clinton-Anklage
Der New Yorker Bau-Milliardär hat sich, ganz gegen sein umtriebiges Twitter-Gemüt, bisher nicht zu dem vorschnell als „Paukenschlag“ bezeichneten Ereignis geäußert. Er hat genug vor der eigenen Haustür zu kehren. Seit Vertreter der „Alternativen Rechten“ (Alt-Right) in Washington mit neonazistischem Zungenschlag „Heil Trump!“ und „Lügenpresse“ skandierten und den Wahlsieg als Durchbruch für die Bewegung hin zu einem ethnisch reinrassig weißen Amerika feierten, steht Trump unter Rechtfertigungszwang.
In einem Interview mit der „New York Times“ versuchte Trump den Abstand zu diesen Kreisen jetzt zu vergrößern. „Ich distanziere mich von ihnen und verurteile sie. Das ist keine Gruppe, der ich Auftrieb verschaffen will.“
Nicht die einzige Kurskorrektur: „Waterboarding“, zu Deutsch: simuliertes Ertränken, als Verhörmethode erschien Trump bis zum Wahltag als probates Mittel im Anti-Terror-Kampf. Nach einem Gespräch mit General James Mattis, der gute Chancen auf den Posten des Verteidigungsministers besitzt, hat Trump sich gedreht. Mit „ein paar Bier und einer Schachtel Zigaretten“ erreiche man weit mehr, soll Mattis ihm gesagt haben. Trump: „Das hat mir imponiert.“
Nikki Haley wird neue Botschafterin bei den Vereinten Nationen
Über Jahre war der Klimawandel für Trump eine „Erfindung der Chinesen“, um die amerikanische Industrie zu ruinieren. Davon ist nicht mehr die Rede. Trump schließt jetzt nicht mehr aus, dass die steigende Erderwärmung menschengemacht ist. Eine „gewisse Verbindung“ gebe es da. Entscheidend sei herauszufinden, „wie viel“. Ob das Klimaschutz-Abkommen von Paris damit Überlebenschancen hat? Trump will es sich „anschauen“.
Hochkriminelles, korruptes Verhalten, das einen Sonder-Ermittler verlangt und mit einer Gefängnisstrafe enden muss – das war Trumps rote Linie, wenn es um den Umgang mit der E-Mail-Affäre seiner demokratischen Rivalin Hillary Clinton ging. „Sperrt sie ein! Sperrt sie ein“, grölten darum seine Anhänger bis zuletzt tausendfach. Perdu.
Donald Trump zieht ins Weiße Haus ein
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Trump will „nach vorn sehen“ und die „Clintons wirklich nicht verletzen“. Die Gegenreaktion kam prompt. „Judicial Watch“, eine Organisation, die den Clinton-Clan seit Jahren verfolgt, sieht in Trumps Rückzug „einen Verrat an seinem Versprechen an das amerikanische Volk“, die Korruption in Washington zu bekämpfen.
Und wenn im UN-Sicherheitsrat künftig Entscheidungen über Krieg und Frieden oder schwierige Konflikte anstehen, soll für Amerika eine Berufsanfängerin auf dem diplomatischen Parkett das Wort führen. Nikki Haley (44), bisher republikanische Gouverneurin von South Carolina, ist von Trump als neue Botschafterin bei den Vereinten Nationen nominiert worden.
Hauptstadt Inside von Jörg Quoos, Chefredakteur der FUNKE Zentralredaktion
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