Vision und Utopie – Die Wirtschaftspläne der US-Kandidaten
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Washington. Aufschwung, Jobs, blühende Landschaften: Was versprechen die Kandidaten Clinton und Trump der Wirtschaft. Und wie kommen die Pläne an?
Wenn sich in diesen Wochen Wirtschaftsbosse auf internationaler Ebene treffen, dann sind die Wahlen in den USA immer ein Topthema. Sie könnten für die Zukunft des Wirtschaftsgeschehens in aller Welt entscheidend sein. Mit Donald Trump etwa steht ein ausgemachter Bremsschuh für den Welthandel zur Wahl. Und Hillary Clinton, seine moderatere Gegnerin und Favoritin, hat sich ebenfalls bereits in die globalisierungskritische Ecke drängen lassen.
Ob Clinton im Falle ihrer Wahl tatsächlich das bereits zu Ende verhandelte transpazifische Handelsabkommen (TPP) platzen lassen würde – es bleibt abzuwarten. Im Wahlkampf hat sie bisher wenig Gutes an dem wohl größten Handelspakt der Geschichte gelassen. Ohne TPP dürfte allerdings auch TTIP, das hochumstrittene Freihandelsabkommen zwischen den USA der Europäischen Union, nicht zustande kommen.
„Schlechtester Deal aller Zeiten“
Auch wenn darüber keiner laut reden will: International wird Donald Trump als das wesentlich größere Risiko eingeschätzt. Den nordamerikanischen Handelspakt NAFTA hat er bereits als „schlechtesten Deal aller Zeiten“ gebrandmarkt. Den Atomdeal mit dem Iran, die Grundlage für die gerade wieder aufkeimende Wirtschaft in dem Staat, will er aufkündigen. China ist die zweitgrößte Volkswirtschaft der Welt, die auch weiter der globale Wachstumsmotor Nummer eins ist. Aber Trump droht Peking einen wütenden Handelskrieg an.
Donald Trump zieht ins Weiße Haus ein
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Der Milliardär aus New York wird als Unsicherheitsfaktor wahrgenommen. Und Unsicherheit hassen Märkte genauso wie Entscheider. „Es liegt die Vermutung nahe, dass nach einem Wahlsieg Trumps eine Verkaufswelle die Märkte überrollt“, sagt James Bateman vom Investmenthaus Fidelity International. Danach könnte sich allerdings kurzfristig eine Erholung einstellen, dank der hohen Staatsausgaben und Steuersenkungen, die Trump verspricht, zumal die Notenbank Federal Reserve mit einer Zinserhöhung wohl weiter warten müsste. „Langfristig würde die protektionistische Wirtschaftspolitik den USA schaden und die globale Ordnung auf den Kopf stellen“, sagt Bateman.
Welthandel gilt als Schmiermittel des Wohlstands
„Richtet keinen weiteren Schaden an“, rief die Chefin des Internationalen Währungsfonds, Christine Lagarde, kürzlich in die Runde. Bei wachsender Weltbevölkerung muss auch die Wirtschaftsleistung mitwachsen, um den erreichten Wohlstand zumindest halten zu können. Der Welthandel gilt als Schmiermittel. Bis zur Finanzkrise wuchs er zweistellig, inzwischen deutlich langsamer – ein Warnsignal. Wenn sich die größten Volkswirtschaften abschotten, trifft das am Ende die Ärmsten, lautet Lagardes einfache Rechnung.
Die Wirtschaftspläne von Präsidentschaftskandidaten galten schon früher mehr als Vision denn als tatsächlich umsetzbare Arbeitspapiere. Trumps Aussagen deuten jedoch in Richtung Utopie. „Es sind die Gedanken eines Zauberers“, urteilt etwa das „Time“-Magazine. Er will Steuern senken ohne Ausgaben zu senken, den Kohlekumpels will er wieder Arbeit geben, obwohl in aller Welt Investoren aus der Kohle fliehen. Das amerikanische Öl will er als Faustpfand gegen die verhassten Scheichs nutzen. Klimawandel? Wen stört das schon?
Clinton setzt auf Bildung
Beifall bekommt Trump etwa von der Waffenindustrie, aber auch von Großfarmern. Sie erhoffen sich von seinem Kampf gegen US-Nachteile in internationalen Handelsabkommen größere Freiheiten, etwa bei der Düngung oder beim Einsatz von Pestiziden. Liberalisierung und Deregulierung, verbunden mit Steuersenkungen von Unternehmen sind Trumps Köder für die Industrie.
Hillary Clinton will Präsidentin werden
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Clinton dagegen setzt auf Köpfe. Wirtschaftskraft durch Bildung, kostenfreies Studium für die Ärmsten, günstigeres Studium für die Mittelschicht. Der amerikanische Traum soll leben, der den Aufstieg eines jeden vorsieht, der nur fleißig, tüchtig genug ist – und ein bisschen Glück hat.
Auch Clinton will Steuern senken, um die Wirtschaft in Fahrt zu bringen. Ökonomen halten das für Unsinn, aber es bringt Wähler. Star-Investor Warren Buffet nimmt die Polit-Spielchen des Wahlkampfs kaum ernst: „Ich habe noch keinen Unternehmer gesehen, der gesagt hat: 'Ich gründe das Unternehmen nicht, weil der Steuersatz zu hoch ist.’“ (dpa)
Hauptstadt Inside von Jörg Quoos, Chefredakteur der FUNKE Zentralredaktion
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