Brüssel . Keine Entscheidung zum Unkrautmittel Glyphosat bedeutet eine Entscheidung dagegen: Ab Juli könnte es in der EU verboten sein – vorerst.

Etappensieg für Umwelt- und Verbraucherschützer: Deutschland und andere EU-Staaten haben eine Entscheidung über den weiteren Einsatz des Unkrautgiftes Glyphosat in Europa vorerst verhindert. Da die nötige Mehrheit unter den Vertretern der EU-Staaten am Donnerstag in Brüssel nicht zustande gekommen wäre, wurde erst gar nicht abgestimmt. Damit wird wahrscheinlicher, dass die geltende Zulassung in Europa Ende Juni ausläuft.

Nach den ergebnislosen EU-Beratungen könnten die Mitgliedstaaten schon in Kürze dazu angehalten sein, alle Glyphosat-haltigen Produkte zu verbieten. „Wenn vor dem 30. Juni keine Entscheidung getroffen wird, wird Glyphosat in der EU nicht länger erlaubt sein und die Mitgliedstaaten werden die Genehmigungen für alle Glyphosat-basierten Produkte zurückziehen müssen“, sagte ein Sprecher der EU-Kommission am Donnerstag in Brüssel.

Glyphosat steht im Verdacht, Krebs zu erregen. Die aktuelle Zulassung gilt noch bis zum 30. Juni. Anschließend könnten Bestände der umstrittenen Chemikalie aber noch bis zu anderthalb Jahre lang weiterverkauft werden.

Glyphosat liegt auf 40 Prozent der Felder in Deutschland

Glyphosat steht im Verdacht, Krebs zu erregen. Die Wissenschaft ist gespalten, Umweltschützer sind gegen das Mittel. In der Landwirtschaft und im Gartenbau wird Glyphosat vor der Aussaat zur Unkrautbekämpfung eingesetzt. In Deutschland kommt es auf etwa 40 Prozent der Felder zum Einsatz.

Dass die Abstimmung am Donnerstag ausfallen würde, hatte Landwirtschaftsminister Christian Schmidt (CSU) bereits am Morgen vorausgesagt. Denn dafür waren Unstimmigkeiten innerhalb der großen Koalition mitverantwortlich: Die SPD-Minister sind gegen die Genehmigung, die Unionsminister dafür.

Schmidt: „Es gibt keinen wissenschaftlichen Dissens“

Schmidt bekräftigte, dass auf Basis aller vorliegenden Erkenntnisse bei einer sachgerechten Anwendung keine Zweifel an der gesundheitlichen Unbedenklichkeit von Glyphosat bestünden: „Es gibt keinen wissenschaftlichen Dissens.“

Dass es bisher keine Mehrheit für oder gegen die Neuzulassung gibt, liegt auch an Deutschland. Die große Koalition liegt in der Frage über Kreuz. Während die SPD-Minister gegen die erneute Genehmigung sind, sind die Unionsparteien dafür. Frankreich und andere Staaten wollen Glyphosat von den Äckern verbannen, andere EU-Staaten wünschen dagegen ebenso wie die EU-Kommission, dass das Herbizid weiter auf Felder gesprüht werden darf. Die Wissenschaft ist in dieser Frage gespalten, Umweltschützer sind gegen das Mittel. (dpa/rtr)