Der Westen setzt im anhaltenden Atomstreit mit dem Iran weiter auf Diplomatie, spart aber nicht mit Kritik. Teheran hält dagegen.

Wien. Der Ton im Atomkonflikt zwischen dem Iran und der internationalen Gemeinschaft wird zunehmend schärfer. Der Iran machte die Internationale Atomenergiebehörde IAEA indirekt für Sabotage seiner Nuklearanlagen verantwortlich. "Terroristen und Saboteure könnten die Agentur unterwandert haben und versteckt die Fäden ziehen“, sagte der iranische Atomchef Ferejdun Abbasi-Dawani am Montag vor der IAEA-Vollversammlung in Wien. IAEA-Chef Yukiya Amano warf dem Iran erneut fehlende Kooperation vor. Die Europäische Union (EU) will die Fortsetzung der Atomgespräche am Dienstag in Istanbul dazu nutzen, dem Iran "einmal mehr die Bedeutung eines dringlichen und bedeutsamen Schritts zur Vertrauensbildung deutlich zu machen“.

Vor dem ungewöhnlich scharfen Angriff Teherans auf die UN-Behörde hatte IAEA-Chef Yukiya Amano erneut mehr Zugang für seine Inspekteure zu iranischen Anlagen gefordert. Er will wie die EU und Bundeskanzlerin Angela Merkel weiter Gespräche führen, um zu einer schnellen diplomatischen Lösung zu gelangen.

Die internationale Gemeinschaft verdächtigt den Iran, an Atomwaffen zu arbeiten. Teheran bestreitet das. Im Westen gibt es die Befürchtung, Teheran könne so lange diplomatische Verhandlungen vortäuschen, bis es ausreichend Material und Wissen für Atomwaffen hat. Dann könnte der Iran unter einem Vorwand die IAEA-Inspekteure aus dem Land werfen, um die Bombe fertig zu bauen. Israel droht mit einem Angriff auf iranische Nuklearanlagen, um dies zu verhindern.

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Abbasi nannte als Beispiel für seine Anschuldigungen an die IAEA einen bisher unbekannten Bombenanschlag auf die Atomanlage Fordo vom 17. August, bei dem Stromleitungen durchtrennt worden seien. Dies sei ein Weg, um Zentrifugen zur Urananreicherung zu zerstören, so der Atomchef. Am nächsten Tag hätten die Atominspekteure eine unangekündigte Besichtigung der Anlage gefordert. Bei der Atomanlage Natans habe es dasselbe Vorgehen gegeben.

Die Atomgespräche mit dem Iran sollen am Dienstagabend in Istanbul fortgesetzt werden. Bei dem Treffen der EU-Außenbeauftragten Catherine Ashton mit dem iranischen Chefunterhändler Said Dschalili handele es sich aber "nicht um eine offizielle Verhandlungsrunde“, sagte eine Sprecherin Ashtons in Brüssel. Ashton verhandelt im Namen der fünf ständigen Mitglieder des UN-Sicherheitsrates (China, Frankreich, Großbritannien, Russland, USA) und Deutschlands mit dem Iran.

Merkel äußerte sich in Berlin zwar enttäuscht über mangelnde Fortschritte bei den Iran-Gesprächen, sieht aber noch Raum für Diplomatie: "Ich glaube, dass der politische Spielraum nicht ausgeschöpft ist.“ Ziel sei weiterhin, "dass wir international agieren, dass wir gemeinsam agieren“. Eine atomare Bewaffnung des Iran wäre nicht nur eine Bedrohung für Israel, sondern für die ganze Welt, sagte die Bundeskanzlerin.

Der iranische Atomchef wehrte sich bei der IAEA erneut gegen den Verdacht, sein Land könne Atomwaffen anstreben: "Die Islamische Republik Iran hat immer und wird immer die Herstellung und Nutzung von Massenvernichtungswaffen auf Basis von islamischen Regeln verurteilen“, sagte er.

Die EU-Außenminister hatten am 7. September in Paphos (Zypern) abgemacht, eine Verschärfung der Sanktionen gegen den Iran vorzunehmen. Diese sollten möglicherweise am 15. Oktober beschlossen werden. Möglich sind noch sehr umfassende Handelssanktionen, da die EU bereits zahlreiche Maßnahmen gegen den Iran bereits ergriffen hat - unter anderem ein Anfang Juli in Kraft getretenes Ölembargo.