Die Angklage pläydiert auf ein Jahr und drei Monate für den ehemaligen Bundestagsabgeordneten. Urteil wird am Freitag erwartet.

Karlsruhe. Für den Besitz von Kinderpornos soll der ehemalige SPD-Bundestagsabgeordnete Jörg Tauss nach dem Willen der Staatsanwaltschaft zu einer Bewährungsstrafe verurteilt werden. Vor dem Karlsruher Landgericht plädierte die Anklage am Donnerstag auf eine Haftstrafe von einem Jahr und drei Monaten auf Bewährung sowie auf eine Geldstrafe von 6000 Euro für den 56-Jährigen. Die beiden Tauss-Anwälte forderten dagegen Freispruch ihres Mandanten. Das Urteil soll an diesem Freitag gesprochen werden.

Der Ex-Politiker habe sich das einschlägige Material mit Bildern und Videos für rein private Zwecke beschafft und „um sich daran sexuell zu erregen“, warf ihm Staatsanwältin Stephanie Egerer-Uhrig vor. Der Ort, an denen man das Material gefunden habe – in seiner Berliner Wohnung statt im Abgeordnetenbüro – „sprechen dafür, dass bis zum Schluss eine private Nutzung stattgefunden hat“, sagte sie.

Tauss habe außerdem falsche Angaben zur Dauer seiner angeblichen Recherche gemacht. Sie habe auch kein Verständnis dafür, dass der Politiker niemanden in seine illegalen Aktionen eingeweiht habe, weder in seinem politischen, noch im privaten Umfeld. „Das ist umso erstaunlicher, wenn er überzeugt ist, dazu berechtigt gewesen zu sein“, sagte die Anklägerin.

Obwohl Tauss seine Recherchen Anfang 2009 beendet habe, habe er auch danach seine Erkenntnisse über die Besitzer von Kinderpornos nicht an die Behörden weitergegeben, sagte Egerer-Uhrig. „Allein durch seine Kontakte im Herbst und Winter 2008 wurden 27 neue Ermittlungsverfahren eingeleitet“, betonte sie. Auch die vermeintliche Brisanz möglicher Ergebnisse dieser Recherchen zweifelte sie an: „Was Tauss beweisen wollte, war kalter Kaffee. Das wusste jeder.“

Der frühere Bundestagsabgeordnete hatte den Besitz der Dateien zwar zugegeben. Er betonte aber stets, das Material aus rein dienstlichem Interesse besessen zu haben. Tauss habe argumentiert, er habe nachweisen wollen, dass sich der Verbreitungsweg von Kinderpornografie vom Internet auf das Handy verlagert, sagte die Staatsanwältin. „Um nachzuweisen, was er nachweisen wollte, waren seine Fallzahlen aber viel zu gering“, sagte Egerer-Uhrig.

Tauss-Anwalt Jan Mönikes sagte dagegen, Tauss habe als Politiker des Bundestags versucht, die Machenschaften der Kinderporno-Szene aufzudecken. „Tauss war zuständig dafür, und er war nicht irgendein Abgeordneter“, sagte Mönikes. „Nicht jeder Abgeordnete darf Kinderpornos besitzen, aber hier ging es um ein Spezialgebiet für Spezialisten der jeweiligen Fraktion“, sagte auch Tauss' Karlsruher Strafverteidiger Michael Rosenthal. In seinem Schlusswort meinte auch Tauss selbst: „Ich habe geglaubt so zu handeln, wie ich als Abgeordneter handeln musste.“

Rosenthal räumte ein, es sei „blöd“ gewesen von seinem Mandanten, niemanden ins Vertrauen zu ziehen oder einen Hinweis auf seine Recherchen beim Notar zu hinterlegen. „Aber das hätte jeder machen können, als Absicherung.“ Auch der Vorwurf, Tauss habe falsche Angaben gemacht, sei „wagemutig“. „Tauss hat sich um einen Monat getäuscht“, sagte sein Verteidiger. Das könne man ihm kaum vorwerfen, da er sich nicht auf Ermittlungen berufen konnte, sondern nur auf seine Erinnerung.