Die Union hat bei Wahl zum EU-Parlament an Stimmen verloren, bleibt aber Siegerin. Die geringe Wahlbeteiligung schadete den Sozialdemokraten. Sie erlebten ein Debakel.

Berlin/Hamburg/Brüssel. Die Wahlen zum Europaparlament brachten den deutschen Sozialdemokraten ein historisches Debakel. Nach dem katastrophalen Wahlergebnis von 2004, als die damalige Regierungspartei wegen der Politik von Gerhard Schröder in Europa abgewatscht wurde, rutschte die SPD 2009 erneut ab. Die CDU von Parteichefin und Bundeskanzlerin Angela Merkel ist dagegen trotz Verlusten die Siegerin der Europawahl in Deutschland. Die Union insgesamt rutschte nach einer ZDF-Hochrechnung (21 UIhr) von 44,5 Prozent im Jahr 2004 auf 38,2 Prozent in diesem Jahr.

Damit ist die CDU nach eigener Aussage zufrieden und wird ihre Wahlkampfstrategie bei den anstehenden Landtagswahlen und bei der Bundestagswahl am 27. September voraussichtlich nicht ändern. Allerdings wird die SPD mit dem Kanzlerkandidaten Frank-Walter Steinmeier stark umsteuern müssen.

Unionsfraktionschef Volker Kauder sprach von einem guten Ergebnis für die CDU. Die SPD könne jetzt keinen Europakommissar mehr für sich beanspruchen. Als Kandidat für die CDU ist der Wirtschaftsexperte Friedrich Merz im Gespräch, der für den nächsten Bundestag nicht mehr kandidiert. Die SPD verliert sogar leicht nach dem desaströsen Ergebnis von 2004 (21,5 Prozent) und kommt nun auf 21,1 Prozent. Parteichef Franz Müntefering sagte: "Wir werden uns von diesem Ergebnis nicht beeindrucken lassen." Die Partei werden den Weg mit dem Kanzlerkandidaten Frank-Walter Steinmeier weiter gehen. "Offensichtlich ist es uns nicht gelungen, unsere Wähler an die Urnen zu bringen", sagte Steinmeier. Die ausgesprochen schwache Wahlbeteiligung ist nach Ansicht der Forschungsgruppe Wahlen einer der Hauptgründe für das schlechte Abschneiden der SPD.

CSU-Landesgruppenchef Peter Ramsauer sagte mit Blick auf die prognostizierten 7 Prozent seiner Partei im bundesweiten Vergleich: Das gebe den Christsozialen Kraft auch für die Bundespolitik. Die CSU habe gerackert und gekämpft, um aus dem Tal des letzten Jahres herauszukommen, und damit Erfolg gehabt. Die Partei werde daher Kurs halten. Parteichef Horst Seehofer sagte: "Die Christlich Soziale Union ist wieder da." Die Grünen liegen relativ stabil bei etwa 12 Prozent (2004: 11,9). Parteivorsitzende Claudia Roth sieht die vorläufigen Ergebnisse nicht als Signal für eine vorgezogene Bundestagwahl. Das Ergebnis der Grünen sei der Lohn dafür, dass ihre Partei tatsächlich europäische Politik thematisiert habe, so Roth in der ARD. „Das ist ein sehr, sehr gutes Ergebnis.“

Die FDP gewann erheblich hinzu und kommt laut ZDF nun auf 10,3 Prozent (6,1). FDP-Chef Guido Westerwelle erklärte in der ARD: „Manche sagen an diesem Abend, sie hätten die Wahl gewonnen, weil sie nicht ganz so viel verloren haben, wie sie ursprünglich befürchteten. Wir können heute Abend sagen: Keine Partei hat so zugelegt wie wir, und das ist das beste Ergebnis der FDP, was es jemals bei Europawahlen gab.“

Die Linken gewannen ebenfalls und landen bei 7,3 Prozent (6,1). Linken-Fraktionschef Gregor Gysi hat Mobilisierungsdefizite seiner Partei eingeräumt. „Es ist uns nicht ganz gelungen, zu mobilisieren, wie wir es wollten“, sagte Gysi. „Wir hätten auch gerne etwas mehr zugelegt.“

Am Sonntagabend war auch klar, dass in Deutschland die Wahlbeteiligung vermutlich auf ein Rekordtief gesunken ist. Schon 2004 lag sie in der Bundesrepublik bei nur 43 Prozent. Nun könnte sie um einen weiteren Prozentpunkt gefallen sein. Einziger Trost für die deutschen Europapolitiker: Mit ihrer Wahlmüdigkeit liegen die Deutschen voll im europaweiten Trend. Bereits in den vergangenen Wochen ermittelten die Demoskopen eine sehr hohe Zahl unentschlossener Wähler – für sie ein Zeichen, dass auch am Wahlsonntag viele Bürger nicht in die Wahllokale kommen. Einheitlicher Tenor der Analysen: Die Europawahl bewegt die Bürger nicht.