Wegweisendes Urteil im Streit des Forschers Oliver Brüstle mit Greenpeace. Stammzellen sind eine Hoffnung für Patienten mit Parkinson oder Alzheimer.

Luxemburg. Der Europäische Gerichtshof hat der Forschung an embryonalen Stammzellen und ihrer kommerziellen Nutzung Grenzen gesetzt. Die Verwendung eines menschlichen Embryos zu Zwecken der wissenschaftlichen Forschung sei nicht patentierbar, urteilte das Luxemburger Gericht. Konkret wandten die Richter sich gegen Patente auf Verfahren, die der Gewinnung von Stammzellen aus Embryonen im Blastozytenstadium dienen und die Zerstörung des Embryos mit sich bringen (Aktenzeichen C-34/10). Im Zentrum des Gerichtsurteils steht ein Patentantrag des bekannten Bonner Forschers Oliver Brüstle, den dieser im Jahr 1997 in Deutschland eingereicht hatte. Er hatte mit seiner Erfindung neue Therapien für Parkinson, Alzheimer und andere Leiden vor Augen. Nach jahrelangem Rechtsstreit mit der Umweltorganisation Greenpeace war der Fall vor das höchste EU-Gericht gelangt.

Allerdings halten die Richter es für möglich, dass die Nutzung für eine Therapie oder Diagnose zum Nutzen des Embryos – zum Beispiel bei Missbildungen – Gegenstand eines Patents sein könnte. Die Nutzung embryonaler Stammzellen ist äußerst umstritten, weil sie aus frühen Embryonen stammen, die bei der Gewinnung zerstört werden. Nach Ansicht des Gerichts verstößt dies gegen die guten Sitten, weil es sich auch bei befruchteten Eizellen rechtlich um Embryonen handle. „Der Begriff des menschlichen Embryos ist weit auszulegen“, schreiben die höchsten EU-Richter in ihrer Begründung.

Mit Stammzellen verbinden Forscher große Hoffnungen im Kampf gegen Krankheiten wie Diabetes, Parkinson oder Querschnittslähmungen. Denn aus solchen Zellen, die noch nicht auf bestimmte Funktionen festgelegt sind, lassen sich möglicherweise gesundes Gewebe und Organe züchten. Stammzellen entwickeln sich vor allem in der frühen Embryonalphase, aber auch in den Organen bereits geborener Menschen. Nach Einschätzung der Wissenschaftler können sich zumindest die embryonalen Stammzellen des Menschen in mehr als 200 Zelltypen verwandeln. Sie gelten als Alleskönner. Aus ihnen kann sich auch ein eigenständiger Mensch entwickeln.

Als adulte Stammzellen werden demgegenüber Stammzellen bezeichnet, die sich im Körper bereits geborener Menschen finden. Nach Angaben von Wissenschaftlern wurden sie bislang in rund 20 Organen des Körpers entdeckt, etwa im Nabelschnurblut von Neugeborenen oder im Knochenmark. Unklar ist, ob sie ebenso flexibel und vermehrungsfähig sind wie embryonale Stammzellen. Auf jeden Fall kann sich aus ihnen kein eigenständiger Mensch entwickeln.

Die Zerstörung von Embryonen und damit die Gewinnung menschlicher embryonaler Stammzellen ist auch im deutschen Embryonenschutzgesetz verboten. Allerdings hat der Gesetzgeber im 2002 verabschiedeten Stammzellgesetz erlaubt, im Ausland gewonnene menschliche embryonale Stammzellen unter bestimmten Voraussetzungen nach Deutschland zu importieren. (epd/dpa/KNA)