Die Koalitionsfraktionen lehnten geschlossen drei Anträge der Opposition ab, den Verkauf der “Leopard“-Panzer zu stoppen.

Berlin. Der Bundestag will eine Lieferung deutscher Kampfpanzer nach Saudi-Arabien nicht stoppen. Die Koalitionsfraktionen lehnten am Freitag geschlossen drei Anträge von SPD, Grünen und Linkspartei ab, die den Verkauf moderner Leopard-2-Panzer an den Golfstaat verhindern wollten. Israels früherer Botschafter Shimon Stein äußerte Verständnis für ein solches Geschäft. „200 Panzer an Saudi-Arabien haben keine Auswirkungen auf die Sicherheitsinteressen Israels“, sagte er der „Rheinischen Post“ (Samstagausgabe). Saudi-Arabien habe sich bisher nicht aktiv an Kriegen gegen Israel beteiligt. Die eigentliche Bedrohung für Israel bestehe im Streben des Iran nach Atombomben und Mittelstreckenraketen. Kanzlerin Angela Merkel betonte die große strategische Bedeutung Saudi-Arabiens für die Stabilität im Nahen Osten.

SPD-Chef Sigmar Gabriel warnte die Bundesregierung dagegen in der Bundestagsdebatte vor der Abkehr von einer wertegebundenen Außenpolitik. „Sie versagen ... in einer historischen Situation, in der Deutschland und Europa die Demokratiebewegung unterstützen muss und nicht feudale Herrscherhäuser“, kritisierte er. Auch Linksfraktionschef Gregor Gysi erklärte, die gesamte Außenpolitik werde unglaubwürdig, wenn die Panzer geliefert würden. „Saudi-Arabien gibt mehr Geld für Militär aus als jedes andere Land in der Region, sogar mehr als der Iran, Israel, Irak und Ägypten zusammen – allein im Jahr 2010 43 Milliarden Dollar“, betonte er.

Die Union konterte die Angriffe der Opposition mit Verweis auf deutsche Sicherheitsinteressen in der Region und die Bedrohung durch den Iran. Die Bundesregierung müsse den Spannungsbogen zwischen werte- und interessenorientierter Außenpolitik aushalten, sagte der CDU-Abgeordnete Roderich Kiesewetter: „Wir gehen normalerweise davon aus, dass Werte und Interessen ein und dasselbe sind. Aber Politik hat nichts mit ’Wünsch Dir was’ zu tun, Politik ist ein hartes Geschäft“.

Kiesewetter verwies auf die Lage im Nahen Osten und spielte auf den Verdacht des Westens an, der Iran könnte am Bau einer Atombombe arbeiten. „Wir stehen nicht nur vor dem arabischen Frühling, wir stehen vor einem Paradigmenwechsel in der Lage im Mittleren und Nahen Osten“, mahnte der CDU-Politiker. Israel wünsche ausdrücklich Panzerlieferungen an Saudi-Arabien. „Wenn Israel in großer Sorge um das, was um sich herum geschieht, mit Saudi-Arabien zu Vereinbarungen kommt, können wir das nur unterstützen“, erklärte Kiesewetter. Zugleich mahnte er zur Zurückhaltung in der öffentlichen Debatte: „Es wäre schädlich für unser Land, wenn Dinge offengelegt werden, die noch in der Vorabstimmung sind“.

Merkel betonte, dass die Entscheidung über den Export von Rüstungsgütern stets sicherheitspolitischen Interessen folge - und nicht etwa beschäftigungspolitischen Wünschen. Saudi-Arabien habe erhebliche Defizite bei den Menschenrechten, sagte die Kanzlerin dem Fernsehsender SAT.1. Aber zugleich habe das Land große strategische Bedeutung für die Stabilität der gesamten Region und spiele eine wichtige Rolle im Nahost-Friedensprozess.

Der Iran hatte vergangene Woche nach britischen Angaben eine Rakete getestet, die als Träger für atomare Sprengköpfe dienen könnte. Der Iran wies dies zurück, erklärte aber, einige der Raketen könnten seinen Erzfeind Israel sowie US-Stützpunkte im Nahen Osten treffen. Nach Einschätzung von Experten dürfte der Iran jedoch noch Jahre zum Bau einer Atomwaffe brauchen. Im vergangenen Monat erklärte das Land, es wolle die Uran-Anreicherung in einen unterirdischen Bunker verlagern und die Kapazitäten verdreifachen.

Die Bundesregierung hat bisher nicht zu Berichten Stellung genommen, wonach der Bundessicherheitsrat grünes Licht für die Lieferung von 200 Kampfpanzern des Typs Leopard 2 an Saudi-Arabien gegeben hat. (rtr)

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Das umstrittene Panzergeschäft mit Saudi-Arabien ist im Bundessicherheitsrat geheim erörtert worden. Die Mitglieder dieses Gremiums, die dem Kabinett von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) angehören, haben seitdem öffentlich kein Wort darüber verloren. Sie sind vom Gesetzgeber zum Schweigen verpflichtet. Dies geht aus der Geschäftsordnung der Regierung und dem Strafgesetzbuch hervor:

GESCHÄFTSORDNUNG: „Die Sitzungen der Bundesregierung sind vertraulich“, heißt es in der Geschäftsordnung der Bundesregierung, darunter fällt als Unterausschuss des Kabinetts auch der Bundessicherheitsrat. Mitteilungen über die Ausführungen einzelner Minister oder über deren Abstimmungsverhalten sind „ohne besondere Ermächtigung des Bundeskanzlers unzulässig“. STRAFEN: Laut Paragraf 353 b des Strafgesetzbuches (Verletzung des Dienstgeheimnisses und einer besonderen Geheimhaltungspflicht), heißt es, wer als Amtsträger Geheimnisse „unbefugt offenbart und dadurch wichtige öffentliche Interessen gefährdet“, werde mit einer Freiheitsstrafe von bis zu fünf Jahren oder einer Geldstrafe bestraft.