Faires Verfahren für Ai Weiwei gefordert. Airbus und Daimler vereinbaren Großaufträge mit China über A320neo und Geländewagen.

Berlin. In China muss sich nach Ansicht von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) noch viel ändern, damit die Menschenrechte gewahrt werden. Es gebe Themen in den Beziehungen beider Länder, wo man noch eine lange Wegstrecke vor sich habe, sagte die Kanzlerin bei einer gemeinsamen Pressekonferenz mit Chinas Ministerpräsident Wen Jiabao . Dabei denke sie an rechtsstaatliche Verfahren. Wen ging nicht direkt auf die Kritik ein, sondern sprach von Unterschieden zwischen Deutschland und China in der Geschichte, der Kultur und dem politischen System. Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International (ai) warf der Bundesregierung zu wenig Engagement beim Thema Menschenrechtsverletzungen in China vor.

„In manchen Fragen sind wir nicht immer der gleichen Auffassung, aber ich glaube, wichtig ist, dass wir uns gegenseitig respektieren, uns gleich behandeln und nach Gemeinsamkeiten suchen“, sagte Wen. Dann werde man sich auch besser verstehen. Neben den Unterschieden zwischen China und Deutschland sei auch zu beachten, dass sich beide Länder in unterschiedlichen Entwicklungsstadien befänden.

Merkel begrüßte die Freilassungen des Künstlers Ai Weiwei und des Regimekritikers Hu Jia kurz vor dem Abflug Wens nach Europa. „Wir haben auch darauf hingewiesen, dass es wichtig ist, dass jetzt ein transparentes Verfahren für Ai Weiwei folgt“, sagte die Kanzlerin. Die Festnahme Ai Weiweis nach regierungskritischen Äußerungen war weltweit auf Unverständnis gestoßen und hatte eine Welle der Solidarität mit dem bekannten Künstler ausgelöst.

In China forderte der Fiskus von Ai Weiwei die Zahlung von 1,3 Millionen Euro Steuern und Mahngebühren. Er habe drei Tage Zeit, um Einsprüche zu erheben, sagte der Rechtsanwalt Liu Xiaoyuan der Agentur Reuters. Falls der Künstler nicht zahle, drohten weitere Gerichtsprozesse. Ai Weiwei war nach dem Bericht der staatlichen Nachrichtenagentur Xinhua nach über zweimonatiger Haft entlassen worden, weil er seine Verbrechen gestanden habe und an einer chronischen Erkrankung leide.

Aus Sicht von Amnesty belegen die Entlassungen von Ai Weiwei und Hu Jia die Willkür im chinesischen Justizsystem. Sie zeige aber auch, dass China auf internationalen Druck reagiere, schrieb der Generalsekretär der deutschen ai-Sektion, Wolfgang Grenz, in einem Gastbeitrag für Reuters. China wolle wichtige Wirtschaftsgespräche nicht durch Menschenrechtsfragen belasten. „Die Bundesregierung sollte sich nicht auf dieses durchsichtige Spiel einlassen, sondern Menschenrechte zu einem zentralen Thema der Regierungskonsultationen machen.“

Derweil hat der europäische Flugzeugbauer Airbus einen Milliardenauftrag aus China erhalten. Am Dienstag unterzeichnete Airbus-Chef Thomas Enders am Rande des deutsch-chinesischen Gipfels in Berlin eine Kaufvereinbarung über 88 Mittelstrecken-Maschinen aus der A320-Familie mit der chinesischen Flugzeug-Holdinggesellschaft CAS. Davon gehen 42 Flugzeuge an die Leasingsparte der chinesischen Großbank ICBC. Das teilte Airbus in Toulouse mit. Zuvor hatte die Bundesregierung von einem Auftrag über 62 Maschinen gesprochen und einer weiteren Lieferung.

Bei den Maschinen handelt es sich um den langjährigen Kassenschlager der EADS-Tochter Airbus. Laut Preisliste hat der Gesamtauftrag ein Volumen von etwa 7,5 Milliarden US-Dollar (5,3 Milliarden Euro). Allerdings sind in der Branche Rabatte im zweistelligen Prozentbereich üblich. Für die spritsparende Weiterentwicklung der A320, die A320neo, hatte Airbus bei der Luftfahrtmesse in Le Bourget bei Paris in der vergangenen Woche mehr als 600 Bestellungen und Vorverträge eingesammelt.

Auch Volkswagen, Daimler und Siemens unterzeichneten Abkommen für neue Projekte in China. Auch mehrere Mittelständler vereinbarten eine engere Zusammenarbeit mit chinesischen Partnern. Daimler bekam grünes Licht für die Erweiterung seiner Pkw-Produktion und den Bau eines neuen Motorenwerks. In die Projekte fließen nach Konzernangaben rund zwei Milliarden Euro. „Mit diesem Rahmenvertrag stellen wir entscheidende strategische Weichen, um am Wachstum des Schlüsselmarkts China langfristig und maßgeblich teilzuhaben“, sagte Daimler-Chef Dieter Zetsche bei der Vertragsunterzeichnung in Berlin.

Neben der C-Klasse und der E-Klasse Langversion wollen die Stuttgarter bereits von diesem Jahr an auch den Geländewagen GLK in China fertigen. Ab 2013 sollen schrittweise drei Baureihen der neuen Kompaktklasse hinzukommen. Im Werk des Gemeinschaftsunternehmens Beijing Benz Automotive (BBAC) in Peking laufen derzeit jährlich rund 80.000 C-Klassen und E-Klasse Langversionen vom Band. Bis 2015 will Daimler den Absatz in China auf 300.000 Autos pro Jahr hochschrauben. Zwei Drittel davon sollen früheren Angaben zufolge in dem Land produziert werden, ein Drittel importiert. Im vergangenen Jahr hatten die Schwaben die Verkäufe in China um 112 Prozent auf 148.000 Autos gesteigert. Für das laufende Jahr peilt Zetsche ein Absatzplus von mindestens 20 Prozent an. (rtr/dpa/dapd)