Neuer Spar-Jet A320neo von Airbus ist der Verkaufsschlager. Der Billigflieger AirAsia aus Malaysia bestellte 200 Flugzeuge des Typs.

Hamburg. Airbus hat den nach der Stückzahl größten Auftrag in der Geschichte der zivilen Luftfahrt erhalten. Auf der Branchenmesse in Le Bourget nahe Paris bestellte der Billigflieger AirAsia aus Malaysia 200 Flugzeuge des neuen, besonders sparsamen Typs A320neo. Auf Basis des Gesamtwerts von 18,2 Milliarden Dollar (12,6 Milliarden Euro) laut Listenpreis ist dies nach Angaben von Airbus-Chef Thomas Enders die drittgrößte Bestellung, die je bei dem Unternehmen einging. Erst am Vortag hatte der indische Günstig-Anbieter GoAir 180 Maschinen geordert.

Nach solchen Mega-Abschlüssen denkt Airbus nun über eine weitere Anhebung der Produktion nach. Schon bisher ist vorgesehen, die Fertigungsrate von Jets der überwiegend in Hamburg endmontierten A320-Familie bis Ende 2012 von derzeit 36 auf 42 Maschinen im Monat zu steigern. "Wir erwägen, die Produktion noch stärker auszuweiten als geplant", sagte Enders. Ob in Hamburg zusätzlich zu den ohnehin geplanten 800 neuen Arbeitsstellen weitere Jobs entstehen, ist unklar.

Seit Beginn der Messe erhielt Airbus feste Aufträge und Absichtserklärungen über zusammen 730 Jets für 72,2 Milliarden Dollar. Auch dies ist ein Rekord: Nie hat ein Flugzeughersteller auf einer Luftfahrtschau mehr verkauft. Dabei entfielen allein 701 Maschinen auf die A320-Typenreihe. "Das ist ein großer Erfolg für den Standort Hamburg, das Kompetenzzentrum für diese Flugzeugfamilie", sagte eine Firmensprecherin dem Abendblatt. "Die neuen Bestellungen sichern die Beschäftigung bis in die zweite Hälfte des Jahrzehnts." Dank der immensen Nachfrage nach der modernisierten Variante A320neo, die im Oktober 2015 auf den Markt kommen soll, reicht der Auftragsbestand bei den Kurz- und Mittelstreckenjets besonders weit - nach den Worten von Airbus-Verkaufsvorstand John Leahy bis 2018/2019.

Die neuen Aufträge veranlassten die Mitarbeiter von Airbus in Paris auch dazu, einen Flashmob zur Rekrutierung neuer Mitarbeiter zu veranstalten. (Bild)

Der neue Sparflieger hilft den Europäern auch im Konkurrenzkampf mit dem Erzrivalen aus den USA. "Boeing hat bisher nichts Vergleichbares im Angebot", sagte der Hamburger Luftfahrtexperte Heinrich Großbongardt dem Abendblatt. Somit konnte Boeing auf der Messe nur Aufträge über 142 Flugzeuge im Wert von gut 22 Milliarden Dollar verbuchen. "Die potenziellen Kunden warten ab, wie Boeing auf die Herausforderung durch den A320neo reagiert", so Großbongardt. Das US-Unternehmen will sich bis Jahresende entscheiden, ob es - so wie Airbus - seine kleineren Flugzeuge mit neuartigen Triebwerken ausstattet oder ob man einen komplett neuen Jet entwickeln will, der aber frühestens gegen Ende des Jahrzehnts marktreif wäre.

"Im Moment scheint es, als neige Boeing eher zu einer Neuentwicklung mit der Technologie des Langstreckenfliegers 787 'Dreamliner'", erklärte der Experte. "Sollte es dazu kommen, würde das Airbus zum Nachdenken bringen, ob sie nicht nachziehen müssen. Denn wenn man mit einem weißen Blatt Papier beginnt, wird das Ergebnis besser." Während der A320neo laut Airbus 15 Prozent weniger Treibstoff verbraucht als ein heutiger Jet vergleichbarer Größe und die Betriebskosten nach Schätzung von Großbongardt um acht bis neun Prozent senkt, könne ein von Grund auf neu entworfenes Flugzeug den Kerosinverbrauch um 20 Prozent und die gesamten Kosten um etwa 15 Prozent reduzieren. Doch für die nächsten Jahre hat Airbus in jedem Fall die Nase vorn - und kann höhere Preise verlangen als der US-Konkurrent.