Schlagabtausch schon vor dem Präventionsgipfel. Muslime warnen vor Aufwertung der radikalen Salafisten durch deutsche Behörden.

Berlin/Hamburg. Und wieder scheint es auf ein Missverständnis hinauszulaufen: Schon vor dem groß angekündigten „Präventionsgipfel“ von Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) mit den großen muslimischen Verbänden scheint neuer Ärger programmiert. Friedrich hat bereits im Vorwege vor der Gefahr einer Radikalisierung junger, deutscher Muslime gewarnt. Zielgruppe der al-Qaida seien hierzulande „insbesondere deutsche Konvertiten“ sowie junge Moslems, die in Deutschland in der zweiten oder dritten Migrantengeneration aufgewachsen seien, sagte Friedrich in der ARD.

Der Zentralrat der Muslime hat vor einer Vorverurteilung von Muslimen gewarnt. „Es wäre fatal, wenn die mehr als vier Millionen Muslime in Deutschland unter Generalverdacht gestellt würden“, sagte der Ratsvorsitzende Aiman Mazyek der „Schwäbischen Zeitung“. „Bei denen, die sich radikalisieren, handelt es sich um eine verschwindend kleine Minderheit“, sagte Mazyek. Von den Moscheegemeinden und den muslimischen Religionsgemeinschaften gehe keine Gefahr aus. „Extremistische Tendenzen zu erkennen und zu benennen ist die Pflicht aller in Deutschland, auch der Muslime.“

Friedrich sagte, die Zusammenarbeit mit muslimischen Verbänden sei zur Prävention von Radikalisierung sehr wichtig. „Das sind kleine Gruppen, die aber vielleicht in der ein oder anderen Hinsicht innerhalb der Vereine auffallen können.“ Hierfür müssten die Vereine und Moscheen sensibilisiert werden und mit den Sicherheitsbehörden zusammenarbeiten. Auf kommunaler Ebene funktioniere dies vielerorts bereits schon sehr gut, lobte er.

Verbandschef Aiman Mazyek sagte zu den Landesinnenministern, die Anfang der Woche beschlossen, künftig besonderes Augenmerk auf die Gruppe der radikal-islamistischen Salafisten zu legen: „Wir sollten nicht den Fehler machen, sie aufzuwerten, indem wir den Salafisten zu viel Aufmerksamkeit in der Debatte schenken.“ Er bekräftigte die Forderungen des Zentralrats nach mehr Geld für die Präventionsarbeit: „Wir benötigen mehr Mittel für politische Bildung, für Anti-Extremismusprogramme, für die Ausbildung muslimischer Vertrauensleute und für Aussteigerprogramme.“

Der niedersächsische Verfassungsschutz zum Beispiel will gemeinsam mit muslimischen Verbänden radikalen Tendenzen im Islam wie dem Salafismus vorbeugen. „Wir wollen verhindern, dass vor allem junge Leute Opfer extremistischer Verführer werden“, sagte sein Präsident Hans-Werner Wargel beim 4. Extremismus-Symposium in Hannover. Alle islamistischen Terrorgruppen und Einzeltäter, die in den vergangenen Jahren in Deutschland aktiv geworden seien, hätten ihren geistigen Nährboden in Salafismus gehabt. Weil Salafisten körperliche Züchtigungen akzeptierten, sich oft antisemitisch äußerten und die Rechte der Frauen beschränkten, würden sie vom Verfassungsschutz beobachtet. Der Salafismus erhebt die Frühzeit des Islam zum Idealbild für heutige Muslime. Seine Propaganda richte sich vor allem an junge Muslime und Konvertiten, erläuterte Wargel. „Die hier lebenden Muslime sind unsere wichtigsten Verbündeten, wenn es darum geht, das Abgleiten von Jugendlichen zu verhindern.“ (dapd/dpa/epd)