FDP berät über Affäre der Spitzenliberalen und ihr Mandat. Wolfgang Kubicki spricht von Schummelei bei Koch-Mehrin und macht der Uni Vorwürfe.

Heidelberg/Hamburg. Schleswig-Holsteins FDP-Fraktionschef Wolfgang Kubicki hat seine Parteikollegin Silvana Koch-Mehrin nach der Plagiatsaffäre um ihre Doktorarbeit an der Universität Heidelberg zu einer öffentlichen Entschuldigung aufgefordert. „Sie kann Europaabgeordnete bleiben, wenn sie das vor sich vertreten kann. Allerdings wäre es vielleicht sinnvoll, sie würde in der Öffentlichkeit auch erklären, dass das, was sie gemacht hat, nicht richtig war, und sich dafür auch tatsächlich entschuldigt“, sagte Kubicki im Deutschlandfunk. Die FDP-Parteispitze wird sich nach Angaben des Politikers im Laufe des Tages auch damit beschäftigen, wie mit Koch-Mehrins EU-Mandat umgegangen werden soll.

Der Europaabgeordneten war in der vergangenen Woche der Doktortitel wegen massiver Plagiate aberkannt worden. Bereits im Mai hatte Koch-Mehrin wegen der Plagiatsaffäre ihre Posten als Vorsitzende der FDP im Europaparlament und Vizepräsidentin des Europaparlaments niedergelegt. Damit ist sie auch nicht länger im Präsidium der Bundes-FDP vertreten. Ihren Sitz im Europaparlament will Koch-Mehrin behalten.

Kubicki sagte auch: „Der moralische Rigorismus, mit dem man über Personen herfällt, die geschummelt haben, ist das, was mir auf den Senkel geht.“ Schließlich handele es sich bei Koch-Mehrins Vergehen nicht um eine Straftat, sondern nur um eine Schummelei. Die Erschleichung eines Doktortitels sei zwar kein Kavaliersdelikt, betonte Kubicki. Koch-Mehrin habe aber bereits mit der Niederlegung ihrer Führungsämter Konsequenzen gezogen, zudem sei ihr der Titel aberkannt worden. Kubicki kritisierte darüber hinaus die Arbeit der Gutachter von Doktorarbeiten. Diese hätten offenbar leichtfertig geprüft, sagte er.

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Koch-Mehrin soll nach Ansicht der Sozialdemokraten im Europaparlament die Volksvertretung wegen des aberkannten Doktortitels verlassen. „Es wird schwer, das Mandat nach dem Entzug des Titels weiter zu führen. Ich hoffe, dass sie die Konsequenzen zieht“, sagte der Fraktionsvorsitzende Martin Schulz (SPD) der „Welt“. Koch-Mehrin werde ihren eigenen Maßstäben nicht gerecht. Koch-Mehrin hatte nach dem Entzug der Doktorwürde angekündigt, rechtliche Schritte gegen die Aberkennung ihres Titels zu prüfen. Schulz sagte: „Das ist der verzweifelte Versuch davon abzulenken, dass der Doktortitel mit unlauteren Mitteln erworben wurde.“ Er wolle zwar keine wissenschaftlichen Ratschläge erteilen. „Aber einen kollegialen: Sie sollte besser schweigen.“ (dpa/dapd)