Die defekten Klimaanlagen werden länger Probleme bereiten. Interview mit Karl-Peter Naumann, Bundesvorsitzender von Pro Bahn.

Bahn-Chaos und kein Ende: Nach den defekten Achsen, den ausgefallenen Klimaanlagen und dem S-Bahn-Problem der Berliner hat die Bahn ein längerfristiges Problem. Denn nicht alle ICE-Züge können sofort repariert werden. Das Hamburger Abendblatt sprach mit einem Experten: Karl-Peter Naumann, Bundesvorsitzender des Fahrgastverbandes Pro Bahn.

Hamburger Abendblatt: Herr Naumann, der Sommer hat mit den ersten heißen Tagen begonnen, da fallen bereits wieder Klimaanlagen in ICE-Zügen aus. Hunderte Fahrgäste waren am Wochenende betroffen. Waren dies die ersten Fälle dieses Jahres?

Karl-Peter Naumann: Es gab in diesem Jahr schon mehrere Einzelfälle in den älteren Waggons von Intercity-Zügen. Das ist unproblematisch, solange einzelne Waggons betroffen sind und die Fahrgäste innerhalb des Zuges ausweichen können. Bei den ICE-Zügen bahnt sich hier im Wortsinne wieder dasselbe Problem des vergangenen Jahres an.

Hamburger Abendblatt: Wieso bekommt die Bahn das nicht in den Griff? Das Problem ist doch nach den Vorfällen 2010 hinreichend bekannt.

Naumann: Die Bahn hat das Problem durchaus erkannt und ja bereits im vergangenen Jahr beschlossen, dass die ICE-Flotte umfassend modernisiert wird. Bei der ersten und der dritten Generation von ICE sind die Klimaanlagen ja bereits ganz oder überwiegend ausgetauscht. Betroffen sind derzeit vor allem die Züge des Typs ICE 2. Da hat der Austausch der Klimaanlagen gerade erst richtig begonnen. Je Zug dauert das einen Monat. Bei 44 ICE 2, die die Bahn einsetzt, dürfte die gesamte Arbeit also noch gut zwei Jahre dauern.

Hamburger Abendblatt: Tut die Bahn denn genug, um die Folgeschäden kaputter Klimaanlagen zu lindern? Im vergangenen Jahr mussten Fahrgäste in überhitzten Zügen ja zum Teil Todesangst ausstehen, Rettungskräfte leisteten Erste Hilfe.

Naumann: Die Bahn hat sich besser als früher auf solche Situationen vorbereitet. Wichtig ist, dass im Fall der Fälle schnell Ersatzzüge zur Stelle sind oder aber Techniker, die das Problem vielleicht noch vor Ort beheben können. Bei einem ICE, der am Wochenende in Bielefeld gestoppt werden musste, konnten Techniker die Klimaanlage innerhalb von 50 Minuten reparieren.

Hamburger Abendblatt: Können die Fahrgäste selbst auch etwas tun, um Problemen aus dem Weg zu gehen?

Naumann: Wenn man sich mit der Bahn ein wenig auskennt, fällt das sicher leichter. Auf der Strecke von Hamburg nach München zum Beispiel fahren im Wechsel ICE 1 und ICE 2. ICE 2 setzt die Bahn ein, wenn Züge aus Hamburg und Bremen in Hannover zur Weiterfahrt gekoppelt werden. Der direkte Einzelzug von Hamburg nach München ist ein ICE1. Da wurden die Klimaanlagen schon vor Jahren ausgetauscht.

Hamburger Abendblatt: Gibt es auch andere besonders belastete Strecken?

Naumann: Die viel genutzte Strecke von Hamburg nach Köln ist ein besonderes Problem, weil hier viele alte Intercity-Züge fahren. Die sind generell anfälliger an diesen Hitzetagen.