Drei Monate soll Ratko Mladic in einem Militärkrankenhaus gewesen sein. Jetzt sitzt er nach einer filmreifen Aktion in einer Einzelzelle.

Den Haag. Zwei Auto-Konvois zur Verwirrung, gesperrte Straßen, schwer bewaffnete Spezialkräfte und höchste Geheimhaltung: Es war eine filmreife Aktion, mit der die Serben den mutmaßlichen Kriegsverbrecher Ratko Mladic nach Den Haag ausflogen, um ihn dem Kriegsverbrecher-Tribunal zu übergeben. Dort sitzt er nach einer medizinischen Untersuchung in einer Einzelzelle.

Derweil hat sein Anwalt berichtet, dass der frühere serbische General Mladic im Jahr 2009 in einer Belgrader Klinik operiert worden sei. Damals war Mladic angeblich auf der Flucht. Der heute 69-jährige habe von April bis Juli 2009 in einer nicht näher bezeichneten staatlichen Klinik in der Hauptstadt verbracht, sagte Anwalt Milos Saljic dem TV-Sender B92. Dort sei er operiert worden und habe eine Chemotherapie erhalten.

Schon früher war in den Medien spekuliert worden, der frühere Militärchef der bosnischen Serben im Bürgerkrieg (1992-1995) sei im Militärkrankenhaus in Belgrad behandelt worden. Der heutige serbische Gesundheitsminister Zoran Stankovic war von 2002 bis 2005 Direktor des Militärkrankenhauses und dann Verteidigungsminister gewesen. Stankovic, der sich öffentlich als Freund von Mladic bezeichnet hatte, war auch zu einem Besuch des Generals nach dessen Verhaftung in der Gefängniszelle erschienen.

Während zahlreiche Sicherheitsexperten behaupten, die Regierung habe immer gewusst, wo sich Mladic bei seiner 16-jährigen Flucht aufhält, hatte Staatspräsident Boris Tadic das als „Blödsinn“ bezeichnet. Die Behörden hätten den Angeklagten sofort verhaftet, nachdem sie sein Versteck bei der Stadt Zrenjanin nördlich von Belgrad entdeckt hätten. Zuvor war vom staatlichen Verfolgerteam mitgeteilt worden, Mladic habe sich in den letzten sechs Jahren in und um Belgrad versteckt gehalten.

Mladic ist des Völkermordes angeklagt. Unter anderem geht es um die Ermordung von bis zu 8000 muslimischen Männern und Jungen im ostbosnischen Srebrenica im Juli 1995, um Grausamkeiten in Gefangenenlagern, sogenannte ethnische Säuberungen, und den jahrelangen Beschuss von Sarajevo mit schweren Waffen, wobei Tausende Menschen getötet wurden. Insgesamt waren im Bosnien-Krieg auf Seiten der Muslime, Kroaten aber auch der Serben insgesamt wenigstens 100.000 namentlich benannte Menschen ums Leben gekommen.

Der deutsche Außenminister Guido Westerwelle begrüßte die Überstellung Mladics an das Kriegsverbrechertribunal. „Es ist ein starkes Signal für die gewachsene Kraft des internationalen Rechts, dass sich dieser mutmaßliche Kriegsverbrecher jetzt vor Gericht verantworten muss“, sagte Westerwelle. Es sei auch eine, „wenn auch späte Genugtuung für die Opfer der Untaten, die Mladic zu verantworten hat.“ (abendblatt.de/dpa)