Noch keine Hinweise auf die Täter. Doch das Wort vom Ausnahmezustand macht bereits die Runde. Er könnte Lukaschenko nützen.

Minsk. Nach der Bombenexplosion in einer U-Bahn-Station in Minsk haben die weißrussischen Behörden mehrere Personen festgenommen. Sie stünden im Verdacht, an einem Terrorakt beteiligt gewesen zu sein, zitierten Nachrichtenagenturen den Generalstaatsanwalt Andrej Schwed. Wer für die Explosion verantwortlich ist, bei der zwölf Menschen getötet wurden, war auch einen Tag danach noch unklar. Für Beobachter haben die Verhaftungen und das Aufstellen von Metalldetektoren an verschiedenen U-Bahn-Stationen nur einen Sinn: zu zeigen, dass das diktatorische Regime von Präsident Alexander Lukaschenko die Lage im Griff hat. Man könnte auch sagen: Es wurden die üblichen Verdächtigen verhaftet.

Präsident Lukaschenko bezeichnete die Bombenexplosion als Versuch, das Land zu destabilisieren. Lukaschenko forderte den Geheimdienst KGB auf, das Land auf der Suche nach den Tätern „auf den Kopf zu stellen“. Anders als Russland, wo es zu ähnlichen Bombenanschlägen gekommen ist, gibt es in Weißrussland kein Problem mit islamischen Extremisten. Der Mittwoch wurde zum Staatstrauertag erklärt. Die Polizei verschärfte die Sicherheitsmaßnahmen in der Hauptstadt spürbar. Sie richtete Polizeikontrollen auf den Straßen sowie an Bahnhöfen und Flughäfen ein.

Innenminister Anatoli Kuleschow zufolge wurde der Sprengsatz in der belebten U-Bahn-Station „Oktjabrskaja“ am Montagnachmittag per Fernzünder zur Explosion gebracht. Nach Angaben des Verteidigungsministeriums wurden 204 Menschen ins Krankenhaus gebracht. 26 von ihnen hätten schwere Verletzungen erlitten. Lukaschenko ist seit 1994 an der Macht und regiert die ehemalige Sowjetrepublik mit harter Hand. Mehrmals hat er Demokratiebewegungen und Proteste der Opposition niederschlagen lassen.

Unterdessen mehren sich die Stimmen, die eine Beteiligung der weißrussischen Führung an der Bluttat nicht ausschließen. „Der Anschlag nützt denen, die einen Ausnahmezustand im Land und ein Abrücken Weißrusslands vom Westen wollen und zudem die Opposition verleumden“, sagte der oppositionelle Ex-Präsidentenkandidat Alexander Milinkewitsch. Zahlreiche Regierungsgegner sitzen im Gefängnis oder stehen unter Hausarrest. Führende Oppositionelle flüchteten ins Ausland, nachdem das Regime Proteste gegen die von Fälschungsvorwürfen überschattete Präsidentenwahl im Dezember 2010 niedergeknüppelt hatte.

Das weißrussische Staatsfernsehen zeigte, wie zahlreiche Menschen Blumen vor dem Eingang zur Metrostation niederlegten und dort brennende Kerzen aufstellten. Einige Passanten konnten die Tränen nicht unterdrücken. „Es ist schrecklich“, sagte eine Studentin. In der stark beschädigten Station suchten KGB-Experten nach Spuren. Vor der Haltestelle schirmten schwer bewaffnete Sicherheitskräfte den Tatort ab. (dpa/rtr/dapd)