Präsident Lukaschenko will bei der Suche nach den Tätern „das Land auf den Kopf stellen“ – keine gute Nachricht für die Opposition in Minsk.

Minsk. Bislang zwölf Tote, 149 Verletzte, davon 22 in kritischem Zustand – und ein Diktator als Präsident, der durchgreifen will. Das U-Bahn-Inferno von Minsk hat den politischen Verhältnissen in Weißrussland einen ungeahnten Druck beschert. Nach der Explosion nahe der Residenz von Präsident Alexander Lukaschenko wurden erst sechs der Opfer identifiziert, berichtete die Nachrichtenagentur Interfax. Die Explosion ereignete sich in der U-Bahnstation Oktjabrskaja mitten im abendlichen Berufsverkehr. Nach Angaben der Staatsanwaltschaft handelte es sich um einen Terroranschlag. Weißrussland galt bislang nicht als Ziel von Terroristen.

Der Ausgang der Metrostation führt zum Büro und zur Residenz Lukaschenkos. Das Gebäude des Nationalen Sicherheitsrats liegt ebenfalls in der Nähe. Lukaschenko wollte am Montag nicht ausschließen, dass der Anschlag „aus dem Ausland“ organisiert wurde.

Er forderte den KGB auf, das Land auf der Suche nach den Tätern „auf den Kopf zu stellen“. Beobachter erwarten, dass der seit 1994 regierende „letzte Diktator Europas“ nun die Daumenschrauben noch fester anziehen wird. Der mit Metallteilen gespickte Sprengsatz mit fünf bis sieben Kilogramm TNT war im Berufsverkehr unter einer Sitzbank in der zentralen Haltestelle Oktjabrskaja detoniert.

Es gebe möglicherweise eine Verbindung zu einem Bombenanschlag am Tag der Unabhängigkeit in Minsk im Juli 2008 mit etwa 50 Verletzten, sagte Lukaschenko. Der KGB hatte damals vier mutmaßliche Mitglieder der nationalistischen Untergrundorganisation Weiße Legion unter Terrorverdacht festgenommen, die sich zur Gewalt im Kampf gegen staatliche Organe bekenne. Der Fall wurde allerdings nie aufgeklärt.

Die russische Zeitung „Nesawissimaja Gaseta“ kommentierte den Anschlag so: „Der politische Druck von außen, der im Dezember mit dem harten Vorgehen gegen die Opposition nach der Präsidentenwahl begonnen hatte, nahm zuletzt weiter zu. Jetzt kann Lukaschenko einiges von der Explosion bekommen: die viel beschworene ,Einheit der Nation’ um einen starken Führer sowie eine Lockerung beim Finanzdruck und der Sanktionen des Westens.“ (abendblatt.de/dpa/AFP)