Doch die Aufständischen ziehen weiter Richtung Hauptstadt Tripolis. Spanien könnte sich die Beteiligung an einer Militäraktion vorstellen.

Tripolis/Madrid. Kampfflugzeuge von Libyens Machthaber Muammar al-Gaddafi haben am Montag erneut mehrere Angriffe auf die von Rebellen kontrollierte Stadt Ras Lanuf geflogen. Wie ein AFP-Journalist vor Ort berichtete, griff ein Kampfjet einen Kontrollpunkt an einer Straße östlich der Stadt an. 400 Meter von dem Kontrollpunkt entfernt stieg darauf eine große Rauchsäule auf. Die Aufständischen erwiderten das Feuer mit Luftabwehrgeschützen. Offenbar gab es bei dem Angriff keine Opfer. Zuvor hatte es einen ersten Angriff auf dem Posten gegeben. Aus Angst vor Angriffen der Einheiten Gaddafis hatten sich zuvor viele Menschen aus der umkämpften Stadt zurückgezogen. Innerhalb einer Viertelstunde verließen am Morgen ein Dutzend Autos die Stadt in Richtung der weiter östlich liegenden Stadt Brega. Brega wird seit vergangener Woche von den Aufständischen kontrolliert. Auch viele Aufständische verließen die Stadt. Der Hauptkontrollpunkt am Zugang zu Ras Lanuf war nur noch von einem Dutzend Rebellen besetzt, wie ein AFP-Reporter berichtete.

Entgegen der Warnungen der Rebellen machten sich einige Bewohner in Richtung Westen nach Bin Dschawad auf. Die Stadt war am Sonntag offenbar von Getreuen Gaddafis zurückerobert worden. „Wir haben gehört, dass sie Menschen festnehmen und entführen. Wir müssen jetzt weg“, sagte ein Familienvater mit Blick auf mögliche Angriffe von Anhängern des Machthabers. Das einzige Hotel in der Stadt, das fast ausschließlich von Journalisten bewohnt wird, wurde in der Nacht vom Personal evakuiert. Die Angestellten liefen aufgeregt durch die Gänge und riefen, „Schnell, schnell, Sie müssen gehen“.

Ras Lanuf war von den Gaddafi-Gegnern am Freitag eingenommen worden. Am Sonntag wurde die Ortschaft von der libyschen Luftwaffe angegriffen. Die Aufständischen konnten sich aber in Ras Lanuf halten. Sie mussten sich nach heftigen Kämpfen allerdings aus Bin Dschawad zurückziehen, von wo aus sie ursprünglich Richtung Sirte, der Heimatstadt Gaddafis, vorrücken wollten. Bei den Kämpfen kamen nach Angaben von Ärzten mindestens zwölf freiwillige Kämpfer der Aufständischen ums Leben, mehr als 50 wurden verletzt.

Die spanische Regierung befürwortet unterdessen nach Informationen der Zeitung „El País“ unter bestimmten Bedingungen eine Militärintervention in Libyen . Spanien würde daran auch teilnehmen, berichtete das Blatt unter Berufung auf Madrider Regierungskreise. Ministerpräsident José Luis Rodríguez Zapatero betrachte einen solchen Eingriff aber als letztes Mittel und mache zur Bedingung, dass dieser durch ein Mandat des Uno-Sicherheitsrates legitimiert werde. Außerdem sei die Zustimmung der Arabischen Liga oder der Afrikanischen Union notwendig.

Ein Alleingang der USA oder Europas wäre nach Einschätzung Madrids kontraproduktiv, schrieb „El País“ weiter. Staatschef Gaddafi könnte den Westen dann des Kolonialismus bezichtigen oder behaupten, das eigentliche Ziel der Intervention sei es, die Kontrolle über die Erdölförderung zu erlangen. Über die Krise in Libyen habe Zapatero Ende vergangener Woche mit dem britischen Premierminister David Cameron gesprochen.

Seit Beginn der Kämpfe in Libyen haben nach Angaben der Internationalen Organisation für Migration (IOM) über 213.000 Gastarbeiter das Land verlassen. Weitere Hunderttausende versuchten weiterhin, sich in Sicherheit zu bringen. IOM-Sprecherin Jemini Pandya sagte, sie benötige 49,2 Millionen Dollar (35,2 Millionen Euro) für die Unterstützung von 65.000 Gastarbeitern. Insgesamt wollen die Uno und weitere internationale Organisationen 160 Millionen Dollar (114,3 Millionen Euro) für die Hilfe der Flüchtlinge zur Verfügung stellen. Vor dem Beginn der Unruhen hätten sich rund 1,5 Millionen Gastarbeiter in Libyen aufgehalten, sagte Pandya.

Die US-Streitkräfte bereiten sich offenbar doch auf einen eventuellen Militäreinsatz in Libyen vor. Wie die „New York Times“ unter Berufung auf ungenannte Regierungsmitarbeiter berichtete, werde der Einsatz von Flugzeugen im internationalen Luftraum vorbereitet, mit denen die Funkkommunikation in Libyen gestört werden könne. Zudem seien weitere Marineverbände vor der libyschen Küste in Stellung gegangen. Dem Zeitungsbericht zufolge liegen die beiden Angriffsschiffe „Kearsarge“ und „Ponce“ in Reichweite vor Tripolis.

Wie die „NYT“ weiter berichtete, befinden sich an der Bord der beiden Schiffe See-, Luft- und Landstreitkräfte des 26. Marineexpeditionskorps, die fähig sind, über Hunderte von Kilometern zu agieren. Eine Option sei demnach, Sondereinsatztruppen in Libyen einzuschleusen, um die Aufständischen zu unterstützen. Diese speziell ausgebildeten Einheiten könnten die Kampfkraft der Rebellen praktisch über Nacht verbessern, schrieb die Zeitung. Diese Taktik sei auch in Afghanistan zum Sturz der Taliban 2001 eingesetzt worden.

Schließlich sei es auch möglich, die schlecht ausgerüsteten Aufständischen mit Waffenlieferung zu unterstützen, hieß es in dem Bericht. In den USA stieg der Druck auf Präsident Barack Obama, Waffenlieferung zuzulassen. „Ich nehme an, dass eine Menge Waffen in den nächsten Wochen ihren Weg auf die eine oder andere Weise dorthin finden werden“, sagte der Vorsitzende des Außenausschusses des Senats, John Kerry. Ein direkter Militäreinsatz sei das Letzte, was gewollt sei, doch wäre die Einrichtung einer Flugverbotszone durchaus möglich, sagte Kerry weiter.

Auch der Ex-Gouverneur von Mexiko, Bill Richardson, sprach sich dafür aus, die Aufständischen „heimlich“ mit Waffen zu versorgen und eine Flugverbotszone einzurichten. Stephen Hadley, der frühere Sicherheitsberater von Obamas Vorgänger George W. Bush, drang ebenfalls auf Waffenlieferung nach Libyen. „Wenn es eine Möglichkeit gibt, den Rebellen Waffen in die Hände zu geben, wenn wir ihnen Flugabwehrsysteme geben können, so dass sie selbst eine Flugverbotszone über ihrem Gebiet durchsetzen können, wäre das hilfreich“, sagte Hadley auf CNN

Mit Material von AFP/dpa/rtr