Außenminister Westerwelle ist in Peking auf Kultur- und Menschenrechtsmission. In Deutschland mehren sich Forderungen nach seinem Rücktritt.

Peking. Am Rande seines Besuchs in Peking machte Bundesaußenminister Guido Westerwelle seine Ablehnung gegenüber Waffenlieferungen an die libyschen Rebellen deutlich. Die beiden jüngsten Libyen-Resolutionen der Vereinten Nationen erlaubten zwar Maßnahmen zum Schutz der Zivilbevölkerung und enthielten auch ein umfassendes Waffenembargo gegen das Gaddafi-Regime. Aber: "Die Völkergemeinschaft ist sich einig, dass eine dauerhafte Lösung nur politisch, nicht militärisch erfolgen kann“, sagte Westerwelle.

Zum Auftakt seines dreitägigen China-Besuchs hat Bundesaußenminister Guido Westerwelle zudem mehr Presse- und Meinungsfreiheit angemahnt. Der FDP-Politiker war am Donnerstag anlässlich einer Ausstellungseröffnung zur Kunst der Aufklärung nach Peking gereist. Die Schau in dem neuen Nationalmuseum ist die bisher größte Schau deutscher Museen im Ausland. Sie wird am Freitag offiziell eröffnet.

Nach einem Treffen mit dem stellvertretenden Ministerpräsidenten Li Keqiang sagte Westerwelle, es sei notwendig fortzusetzen, was zur Zeit der Olympischen Spiele recht positiv begonnen habe. Deshalb müssten die als internationale Berichterstatter akkreditierten Journalisten ungehindert ihre Aufgabe erfüllen können. Das sei ein "Kernanliegen“.

Für Ärger sorgte im Vorfeld das Nein Pekings zu einem Einreisevisum für den Journalisten und Sinologen Tilman Spengler. Spengler sollte als Teil von Westerwelles Delegation an der Eröffnungsfeier der Ausstellung "Die Kunst der Aufklärung“ teilnehmen. Das chinesische Außenministerium verweigerte ihm seinen Angaben nach aber das Visum mit der Begründung, dass er "kein Freund des chinesischen Volkes“ sei.

Der Journalist hatte im vergangenen Jahr anlässlich der Verleihung der Hermann-Kesten-Medaille an den chinesischen Bürgerrechtler Liu Xiaobo die Laudatio auf den späteren Nobelpreisträger gehalten. Liu Xiaobo sitzt in China im Gefängnis.

Einen Anlass, seinen Besuch in Peking abzusagen, sah Westerwelle in dem Vorgehen der Chinesen allerdings nicht. Zu groß sei der Nutzen der Ausstellung, die viele Menschen erreichen werde. Manchmal müsse man zwei Schritte nach vorne und einen zurück gehen, betonte er. "Sprachlosigkeit ist keine Alternative“. Es sei notwendig, "am Ball zu bleiben“. Zugleich betonte er, China sei ein "ganz bedeutender Partner für die gesamte westliche Welt“ und kündigte offizielle deutsch-chinesische Regierungskonsultationen im Juli in Deutschland an.

Die neue Ausstellung, die ein Jahr lang gezeigt werden soll, sehen die deutschen Organisatoren auch als Appell an Peking, eine Politik des Wandels und der Demokratisierung zuzulassen. Künstler und Journalisten sind in China derzeit wachsenden Repressionen ausgesetzt. Der renommierte chinesische Künstler Ai Weiwei, der zu den schärfsten Kritikern der Kommunistischen Partei zählt, kündigte daher kürzlich einen Teil-Umzug nach Berlin an. Unter jungen Chinesen ist Weiwei vor allem als Internet-Aktivist bekannt, der mit originellen Projekten das Regime zu entlarven versucht. China hatte ihn im November zeitweise unter Hausarrest gestellt.

International für Empörung sorgte zuletzt auch das verschärfte Vorgehen der chinesischen Behörden gegen ausländische Journalisten, nachdem im Internet zu Protesten nach arabischem Vorbild aufgerufen worden war. Dabei wurden Reporter festgesetzt und neue, schärfere Auflagen für Recherchen und Interviews erhoben.

Die Ausstellung zur Kunst der Aufklärung wird von den Staatlichen Museen zu Berlin, den Staatlichen Kunstsammlungen Dresden und den Bayerischen Staatsgemäldesammlungen München präsentiert. Auf knapp 3.000 Quadratmetern werden rund 500 Werke präsentiert, darunter Gemälde von Caspar David Friedrich, Goya, Piranesi und Gainsborough, aber auch Skulpturen, Möbel, Kleidungsstücke, Meissner Porzellan und Grafiken. Die Aufklärung gilt als wesentlicher Moment für die Überwindung von Feudalismus und Absolutismus, im Mittelpunkt standen Themen wie Vernunft, Humanität, Rationalität und persönliche Handlungsfreiheit.

Gezeigt wird die Schau im neuen Nationalmuseum, das mit der offiziellen Ausstellungseröffnung auch eingeweiht wird. Es ist das größte Museumsgebäude der Welt. Das Auswärtige Amt unterstützt die Ausstellung mit 6,6 Millionen Euro.

Am Freitag kommt Westerwelle zudem zu Gesprächen mit Ministerpräsident Wen Jiabao und Außenminister Yang Jiechi zusammen. Nach dem Gespräch soll es gemeinsam mit Yang eine öffentliche Erklärung geben, Fragen der Journalisten seien nicht vorgesehen, hieß es. Die Chinesen wollten das so.

Am Samstagmittag wird der Vizekanzler voraussichtlich zu einem Solidaritätsbesuch nach Japan weiterreisen. Wie aus deutschen Diplomatenkreisen verlautete, will er in Tokio mit Außenminister Takeaki Matsumoto zusammenkommen. Auch ein Treffen mit Deutschen sei geplant, die nach der Erdbeben- und Tsunamikatastrophe trotz der Atomkrise noch in dem Land leben.

In Deutschland mehren sich die Rufe nach dem Rücktritt des Außenministers

Der Vorsitzende des FDP-Kreises Saarpfalz, Peter Müller, forderte am Donnerstag ein "rasches Ende der Ära Westerwelle“. Der Nachrichtenagentur dpa sagte er in Homburg: "Es fehlt Herrn Westerwelle an Nachhaltigkeit, an Glaubwürdigkeit und im Amt des Außenministers auch an der notwendigen Erfahrung“. Innenpolitisch sei dieser "für den fatalen Imagewandel der FDP hin zur kalten Klientelpartei verantwortlich“.

Gleichzeitig forderte der Kreischef den Europaabgeordneten Jorgo Chatzimarkakis dazu auf, sich beim Bundesparteitag im Mai in Rostock für den Bundesvorsitz zu bewerben. Chatzimarkakis, der auch im Bundesvorstand seiner Partei sitzt, hatte Westerwelle zuvor im Hamburger Nachrichtenmagazin "Stern“ dazu aufgefordert, schon vor dem Parteitag seinen Verzicht auf den Bundesvorsitz zu erklären. Die FDP hatte bei Landtagswahlen in Rheinland-Pfalz, Baden-Württemberg und Sachsen-Anhalt herbe Niederlagen erlitten.

Müller sagte: "Wir brauchen gestandene Politiker, die aufgrund ihrer Lebenserfahrung und bisherigen Leistung auch außerhalb der Politik das Vertrauen breiter Bevölkerungsschichten erreichen können.“ Deshalb sei es für die "junge Garde“ aus Gesundheitsminister Philipp Rösler, Generalsekretär Christian Lindner und NRW-Landeschef Daniel Bahr "trotz all ihrer Talente noch zu früh“. Chatzimarkakis sollte den Mut haben, sich für den Bundesvorsitz zu bewerben, erklärte Müller: "Ich glaube, dass er aufgrund seiner Vita und seiner Persönlichkeit mit Ecken und Kanten der richtige Mann zur richtigen Zeit an der richtigen Stelle sein kann.“

Die FDP-Landespartei hat ihre Position bisher noch nicht festgelegt. Der Chef der FDP-Landtagsfraktion in Saarbrücken, Christian Schmitt, hatte wiederholt darauf gedrängt, dass Westerwelle zunächst als Bundesaußenminister zurücktritt und stattdessen die Leitung der FDP-Bundestagsfraktion übernimmt.