Schwedens Premier sprach sich beim Hamburg-Besuch für mehr Frauen in der Arbeitswelt aus. Das sei für Schwedens Boom mitverantwortlich.

Hamburg. Es war kein Staatsgast und kein Parteifreund, der ihn in Stockholm zurückerwartete. Für seine drei Kinder Gustav, Erik und Ebba hatte sich Fredrik Reinfeldt, 45, den späten Nachmittag geblockt. Das ist keine Ausnahme, sondern die Regel im Hause des schwedischen Ministerpräsidenten. Denn seine Frau Filippa, 43, mit der er seit 1992 verheiratet ist, kümmert sich nicht allein um die Betreuung des Nachwuchses. Sie leitet das Gesundheitswesen der Provinz Stockholm. Das Paar teilt sich deshalb auf. Paritätisch und gleichberechtigt – ganz so, wie es sich der Minister weitaus häufiger wünscht.

Das erzählte Reinfeldt freimütig bei seinem Hamburg-Besuch an diesem Montag. Er kam auf Einladung des Hamburger Abendblatts und der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik. Reinfeldt nannte das Angebot an Betreuungsplätzen in Schweden als einen zentralen Grund dafür, dass sein Land wirtschaftlich überdurchschnittlich gut dastehe. Schweden habe „den äußerst gewichtigen Vorteil hat, eine für die Geschlechter gleichberechtigte Gesellschaft zu sein“. Und Reinfeldt sagte: Wenn es in der EU eine gleich starke Erwerbsaktivität beider Geschlechter gäbe, würde das Wirtschaftswachstum um 25 bis 30 Prozent kräftiger ausfallen.

Die Rollenverteilung seiner Eltern war noch eine andere. Der Vater arbeitet, die Mutter blieb zu Hause. Dann kam die gesellschaftliche Revolution der 70er-Jahre. Seine Mutter, erzählt Reinfeldt, begann zu studieren. Und so blieb es ihm und seinen Brüdern überlassen, den Haushalt zu schmeißen.

„Und ich machte meine Sache gut“, ist sich Schwedens Regierungschef sicher. Eine Erfahrung, die ihn prägte. „Wir müssen es schaffen, dass zwischen Männern und Frauen eine echte Balance existiert. Es arbeiten mir noch zu viele Frauen als Teilzeitkräfte. Das soll sich zukünftig in unserem Land ändern.“

Familie ist für ihn ein variabler Begriff. Homosexuelle Paare, Patchwork-Konstellationen und das klassische Mutter-Vater-Kind-Modell, als das umfasse dieser heutzutage, sei ganz natürlich für die jüngere Generation und werde von ihr auch weitgehend unterstützt. Dass Schweden 2009 die Homosexuellen-Ehe gesetzlich ermöglicht habe, zeige, dass Schweden heute einen erweiterten Begriff von Familie habe. Die Diskussion über Gleichberechtigung, die in Schweden geführt werde, dass Mann und Frau also gleichermaßen für Haushalt und Kinderziehung verantwortlich wie auch im Arbeitsprozess begriffen seien, beträfe allerdings, das räumt Reinfeldt freimütig ein, viel eher seine Generation als frühere.