Der Ministerpräsident hat seine Berliner Parteikollegen blamiert. Die Grünen spotten bereits über das Verhandlungschaos.

Berlin. Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) verärgert mit seinem Vorgehen in Sachen Hartz IV die eigene CSU-Landesgruppe in Berlin. Es gebe „massiven Unmut“ über die Verhandlungen Seehofers, hieß es in Führungskreisen der Landesgruppe. Ein „neuer Schlagabtausch“ mit dem Ministerpräsidenten erscheine „unausweichlich“. Zuletzt hatten sich Seehofer und die CSU-Politiker in Berlin unter anderem über die Gesundheitspolitik gestritten.

Entgegen der bisherigen Verhandlungslinie der Union hatte Seehofer zusammen mit seinen Länderkollegen aus Sachsen-Anhalt, Wolfgang Böhmer (CDU), und aus Rheinland-Pfalz, Kurt Beck (SPD), eine Erhöhung der Hartz-IV-Regelsätze um acht statt um fünf Euro ins Spiel gebracht. Dies war umgehend auf Kritik aus der Unionsfraktion gestoßen. „Beim Regelsatz sehen wir keinen Spielraum“, hieß es dazu nun auch aus der CSU-Landesgruppe. Entsprechend zurückhaltend wurden die Erfolgsaussichten der bevorstehenden Hartz-IV-Vermittlungsrunde beurteilt: „Wir haben eine hohe Skepsis, was die Gespräche am Sonntag angeht“, hieß es dazu.

Die drei Ministerpräsidenten hatten gemeinsam Wege für eine Einigung in dem festgefahrenen Streit um die Reform sondiert. Seehofer und Böhmer sind demnach offen dafür, den Hartz-IV-Regelsatz um acht auf 367 Euro zu erhöhen. Bislang waren von Union und FDP fünf Euro mehr geplant.

Die Fraktionsvorsitzende der Grünen im Bundestag, Renate Künast, hat Bundeskanzlerin Angela Merkel aufgefordert, den Fortgang der Hartz-IV-Gespräche zur Chefsache zu machen. „Die Bundeskanzlerin muss sich reinhängen“, sagte sie im Gespräch mit der Nachrichtenagentur dapd. Mit Blick auf die Streitereien innerhalb der Koalition über die weiteren Gespräche und die Vorschläge der Ministerpräsidenten etwa zum Hartz-IV-Regelsatz, sagte sie, einige Koalitionspolitiker versuchten, aus der Suche nach Ergebnissen „das Hauen und Stechen“ zu machen, das häufig im Koalitionsausschuss stattfinde. Das machten die Grünen aber nicht mit. Union und FDP wüssten derzeit nicht, was sie wollten und wann sie weiter verhandeln wollten. Eine Anhebung des Regelsatzes um acht statt fünf Euro bringe „Bewegung in die richtige Richtung“, sagte Künast. Das sei aber aus Sicht der Grünen noch nicht verfassungskonform. Die Grünen verlangen außerdem, dass der Mindestlohn für Zeitarbeiter abgesichert werde.

Die CDU-Spitzenkandidatin in Rheinland-Pfalz, Julia Klöckner, hat eine rasche Auszahlung der Erhöhung des Hartz-IV-Regelsatzes um fünf Euro gefordert. „Ich bin der Meinung, wenn es nicht innerhalb kürzester Zeit eine Regelung gibt, dass man die fünf Euro einfach auszahlt“, sagte die scheidende Parlamentarische Verbraucherstaatssekretärin. Die Betroffenen brauchten das Geld. Damit stellte sie sich gegen die Position von Arbeitsministerin Ursula von der Leyen (CDU), die hierfür keine Rechtsgrundlage sieht. Klöckner sagte: „Meiner Meinung nach ist eine verfassungsrechtliche Grundlage da.“ Dies sei der Bundeshaushalt.

Klöckners Nachfolger als Staatssekretär wird der Agrarexperte Peter Bleser, 58. Ministerin Ilse Aigner (CSU) sagte, der Landwirt Bleser sei auch ein engagierter Verbraucherschützer.