Verschnupft reagierten die Linken auf die jüngste Neuwahl-Drohung vonHannelore Kraft. Dennoch soll ein “Austausch“ folgen.

Düsseldorf. Ministerpräsidentin Hannelore Kraft (SPD) muss sich im Streit um die Abschaffung der Studiengebühren in Nordrhein-Westfalen scharfe Angriffe von der Linkspartei gefallen lassen. Ihre Behauptung, die Linke blockiere das Aus für die Studiengebühren, sei eine „dreiste Lüge“, sagten Hochschulexpertin Gunhild Böth und Finanzsprecher Rüdiger Sagel am Montag in Düsseldorf. Zuvor hatte Kraft der Linken mit Neuwahlen gedroht, falls die Abschaffung der Studiengebühren zum Wintersemester 2011/2012 scheitert. „Sollte sie uns tatsächlich an der Abschaffung der Studiengebühren hindern, werden wir rasch Konsequenzen ziehen“, sagte Kraft dem „Spiegel“.

Rot-Grün scheue sich nicht vor Neuwahlen. Auch die CDU scheue Neuwahlen nicht, sagte der Generalsekretär der Landespartei, Oliver Wittke. Wie angekündigt werde seine Partei aber auf „ein Dokument des Scheiterns" der rot-grünen Minderheitsregierung warten. „Ich prophezeie, die Studiengebühren und der Haushalt werden nicht an der Linkspartei scheitern“, sagte Wittke. „Die werden am Ende einknicken.“ Der Gesetzentwurf der Landesregierung befindet sich derzeit in den Parlamentsberatungen. Rot-Grün fehlt im Landtag eine Stimme, um Gesetze alleine durchbringen zu können. Da CDU und FDP die Abschaffung der Gebühren ablehnen, braucht Rot-Grün zumindest zwei Enthaltungen aus der Linksfraktion, um das Gesetz zu verabschieden.

Die Fraktionsspitzen von SPD, Grünen und Linken treffen sich am Donnerstag zu einem Austausch. „Entlarvend“, meinte Wittke. Die Linksfraktion kritisiert, dass die Regierung die Studiengebühren nicht schon zum kommenden Sommersemester abschaffen will. Sie warf der Koalition auch vor, die Hochschulen nicht ausreichend für die wegfallenden Studiengebühren entschädigen zu wollen.Die geplante Kompensation von 249 Millionen Euro reiche nicht aus. Sie müsse auf mindestens 450 Millionen Euro angehoben werden, sonst verschlechterten sich die Studienbedingungen, warnten Böth und Sagel.

Kraft verteidigt ihren Finanzminister

Mehr als eine Stunde lang verfolgte Hannelore Kraft die Angriffe der Opposition auf ihren Finanzminister Norbert Walter-Borjans (SPD). Dann platzte Nordrhein-Westfalens Ministerpräsidentin der Kragen. "Jetzt reden wir mal Tacheles", platzte es aus der Regierungschefin heraus, als sie sich in der aufgeheizten Landtagsdebatte über die "wundersame Geldvermehrung" im Nachtragshaushalt 2010 zu Wort meldete. Vehement nahm sie den Kassenwart gegen Vorwürfe in Schutz, er habe Parlament und Öffentlichkeit getäuscht. Es war Krafts emotionalster Redeauftritt im Landtag, seit sie im vergangenen Sommer zur Chefin einer rot-grünen Minderheitsregierung gewählt worden war. "Eine Ministerpräsidentin, die schimpft wie ein Rohrspatz", stichelte FDP-Fraktionschef Gerhard Papke anschließend. Das sei kein souveräner Auftritt gewesen.

Kraft sagte, Walter-Borjans habe dem Parlament und dem nordrhein-westfälischen Verfassungsgericht Haushaltsverbesserungen nicht verschwiegen. Auslöser des Streits war die überraschende Ankündigung, dass das Land 1,3 Milliarden weniger Schulden aufnehmen muss, obwohl der Landtag erst im Dezember die Zustimmung für eine Rekordneuverschuldung gegeben hatte. Die Landtagsopposition hat wegen des Nachtragsetats Klage beim Landesverfassungsgericht eingereicht. Das Gericht untersagte der Regierung Mitte Januar per Einstweiliger Anordnung, Kredite aus diesem Haushalt aufzunehmen. Ein Finanzminister müsse keine "Alarmmeldungen" ausgeben, wenn sich der Etat besser entwickle, sagte Walter-Borjans. In einer detaillierten Auflistung stellte er dem Ausschuss dar, dass bereits seit Oktober erheblich geringere Ausgaben für Personal und Zinsen und seit November höhere Steuereinnahmen absehbar gewesen seien.

Daneben habe es geringere Ausgaben für Infrastruktur und Kohlesubventionen gegeben. Allerdings seien solche Zwischenstände nicht aussagekräftig, solange es keinen Jahresabschluss gebe, sagte er.

(dpa/abendblatt.de)