Es war die größte Gewerkschaftsaktion in der Geschichte. Volkswagen stoppte die Produktion, Lufthansa und Air Berlin strichen Flüge.

Lissabon/Hamburg. Ein Generalstreik hat das öffentliche Leben in Portugal am Mittwoch massiv beeinträchtigt. Der Protest richtete sich gegen den harten Sparkurs der Regierung, von dem viele fürchten, er treffe die Falschen und würge die Wirtschaft ab. In Lissabon kam das öffentliche Leben weitgehend zum Erliegen. Am größten Flughafen der Hauptstadt wurden fast alle Flüge gestrichen. Die Verbindungen nach Hamburg fielen aus. Gestrichen wurde der TAP-Flug 562, der um 12.05 Uhr in Hamburg landen sollte. Dementsprechend fiel die Maschine nach Lissabon ebenfalls aus. Auch Züge und Busse fuhren in Lissabon nicht. Die Häfen blieben nach Gewerkschaftsangaben geschlossen.

Auch die Banken nahmen am Ausstand teil. Rund um die Hauptstadt entstand ein erhebliches Verkehrschaos, da viele Menschen aufs Auto umstiegen. Geschäfte und Restaurants blieben aber geöffnet, auch der Lieferverkehr lief normal. Die Gewerkschaft UGT sagte, es sei der größte Streik in dem Land überhaupt. Die beiden größten Gewerkschaften des Landes, die erstmals seit mehr als 20 Jahren gemeinsam zu einem Streik aufgerufen hatten, wollen mit den Protesten die Entschlossenheit der sozialistischen Minderheitsregierung zum Sparen schwächen.

Portugal gehört in der aktuellen Schuldenkrise zu den Sorgenkindern in der Euro-Zone. Nach Ansicht von Experten hat es Portugal bislang versäumt, sich auf eine globalisierte Wirtschaft einzustellen. Die Arbeitsgesetzgebung macht es schwer, Angestellte zu entlassen, und die Gewerkschaften haben bisher eine Reform verhindert. Das Bildungsniveau Portugals zählt zu den niedrigsten in Europa und die Produktivität der Wirtschaft ist um ein Drittel geringer als im benachbarten Spanien.

Das Vertrauen der Anleger in das hoch verschuldete Land hat auch unter der Lage in Irland gelitten. Experten sind sich aber einig, dass das Land in keinem Fall bei der Umsetzung seiner Sparpläne zögern darf, wenn es ein Schicksal wie Irland oder Griechenland verhindern will. Zögerlichkeit straft der Markt sofort mit höheren Kreditkosten zur Refinanzierung des Landes ab, was die Haushaltsmisere verschärft und das Land letztlich in eine Schieflage bringen kann.

Ein Experte der Universität in Coimbra sagte, der Streik werde sicher nicht dazu führen, dass die Regierung Kernelemente ihres Sparpakets ändere. „Aber er stellt ein zusätzliches Element an Unsicherheit in einer ohnehin instabilen Lage des Landes dar“, sagte Sozialforscher Elisio Estanque. Obwohl die portugiesische Wirtschaft in diesem Jahr wieder wachsen dürfte, fürchten Volkswirte, dass sie 2011 wegen der Sparmaßnahmen in eine Rezession abrutschen könnte. Die beschlossenen Einschnitte im öffentlichen Dienst sowie höhere Steuern werden den Konsum voraussichtlich um fünf Prozent kürzen. Die Arbeitslosigkeit liegt mit 10,9 Prozent bereits jetzt so hoch wie seit den 1980er-Jahren nicht mehr.

Experten rechneten indes nicht damit, dass der Streik schwerwiegende Folgen für die Wirtschaft haben wird. Allerdings musste der Autobauer Volkswagen seine Produktion vor Ort lahmlegen. Im Durchschnitt werden dort pro Tag bis zu 500 Fahrzeuge gefertigt. Zudem strich die portugiesische Airline TAP die meisten Flüge. Auch die größte deutsche Fluggesellschaft Lufthansa reduzierte ihr Flugprogramm nach Portugal vorsorglich und strich insgesamt ein Dutzend Flüge aus Deutschland nach Lissabon und Porto.

Konkurrent Air Berlin hat ihre Passagiere mit Bussen nach Sevilla gebracht, von wo aus sie über Mallorca nach Deutschland zurückfliegen konnten. Dafür hatte Air Berlin drei Flüge umgeleitet. Zwei Verbindungen wurden gestrichen.