Die Bedrohung durch Nuklearterrorismus gilt als real. Beim zweiten Atomgipfel sollen weitere Weichen für den Schutz davor gelegt werden.

Seoul. Anschläge mit Atomwaffen durch Terroristen gelten den meisten Regierungen neben einem Atomkrieg als schlimmster Alptraum. Um zu verhindern, dass ungesichertes Nuklearmaterial erst in die Hände von Terrororganisationen gelangt, findet von kommenden Montag bis Dienstag (26. bis 27. März) in der südkoreanischen Hauptstadt Seoul das zweite Gipfeltreffen zur Atomsicherheit statt.

Das erste Treffen hatte es 2010 gegeben. Damit die Konferenz ein nachhaltiger Erfolg wird, müssen die Teilnehmer über eine bloße Bekräftigung der Ziele und Absichtserklärungen des ersten Gipfels hinausgehen, fordern Experten. Entscheidend sei auch die Zusammenarbeit mit der Nuklearindustrie.

"Das Gipfelkommuniqué und der Arbeitsplan fassen nur spezifische Aktionen und politische Ziele zusammen, ohne die Umsetzung verbindlich zu machen“, sagte der Leiter der Organisation Partnership for Global Security, Kenneth Luongo, in diesem Monat vor dem US-Senat zum ersten Nukleargipfel in Washington. Er rief die Teilnehmer der Folgekonferenz auf, die Grundlage für eine neue Führungsstruktur für die Atomsicherheit zu schaffen – „eine, die umfassend, standardisiert und rechenschaftspflichtig ist“. Auch größere Transparenz sei nötig.

Ausgangspunkt des Gipfels war die Prager Rede von US-Präsident Barack Obama im April 2009. Damals sagte er, alle „gefährdeten Atommaterialien“ würden weltweit innerhalb von vier Jahren gesichert. Trotz konkreter Fortschritte ist das Ziel noch lange nicht erreicht. Obamas Bemühen, möglichen Nuklearterroristen das Handwerk zu legen sowie spaltbares Material rund um den Globus „wegzuschließen“, ist Teil seiner größeren Vision von einer Welt ohne Atomwaffen.

Die Teilnehmer aus mehr als 50 Ländern, darunter 40 Staats- und Regierungschefs aus aller Welt, wollen deshalb in Seoul die Impulse , die von dem ersten Gipfel ausgingen, in einen konkreten Aktionsplan überführen. Obama wird dabei sein, aber nicht Bundeskanzlerin Angela Merkel. Für sie reist Außenminister Guido Westerwelle an. Unter anderem solle der Grundstein dafür gelegt werden, dass mittel- und langfristig Schlüsselziele der Atomsicherheit erreicht würden, hieß es aus Regierungskreisen in Seoul.

Weltweit gibt es schätzungsweise 1600 Tonnen hoch angereichertes Uran (HEU) und 500 Tonnen Plutonium. Die Mengen reichten aus, um rund 126.500 Atombomben zu bauen. „Der Nuklearterrorismus bleibt eine reale Gefahr“, sagte Matthew Bunn von der Harvard Kennedy School am Rande von Vorbereitungsdiskussionen über den Gipfel in Seoul. Es gebe Versuche von Terroristen, an Atomwaffen und -materialien zu gelangen.

Es gebe drei mögliche Arten des Nuklearterrorismus: eine Atomexplosion, Sabotage von Atomanlagen sowie „schmutzige Bomben“. Den Bau einer „schmutzigen Bombe“ hält Bunn dabei für „viel einfacher auszuführen“ als etwa eine Atombombenexplosion. Bei diesen Waffen setzt ein konventioneller Sprengsatz radioaktive Substanzen frei.

Zu den positiven Aspekten des ersten Gipfels zählt die Partnership for Global Security in einem Bericht, dass gut 80 Prozent der 67 Zusagen tatsächlich erfüllt worden seien. Dazu gehörten die Sicherung von mehr als 13 Tonnen hoch angereicherten Urans und Plutoniums in Kasachstan und Chiles Beseitigung seines HEU-Bestands. Beim Treffen in Seoul würden mindestens zehn weitere Länder zusagen, ihre Bestände an HEU und Plutonium zu beseitigen, berichteten südkoreanische Medien.

Der Gipfel steht auch unter dem Eindruck der Atomkatastrophe von Fukushima vor einem Jahr. Es würden daher auch Diskussionen über die Verbindung von Nuklearsicherheit und dem Schutz von Kernanlagen stattfinden, kündigte Südkoreas Außenminister Kim Sung Hwan an. Ein Anschlag auf eine Kernanlage könnte eine ähnliche Auswirkung haben wie der Atomunfall in Japan.

Die Konflikte um die nordkoreanischen und iranischen Atomprogramme, die die Welt seit Jahren in Atem halten, stehen dagegen nicht offiziell auf der Tagesordnung. Doch erhofft sich Südkorea, dass zumindest von dem Treffen ein warnender Appell an beide ausgeht.

Von Dirk Godder