Die Parlamentswahlen gelten als Stimmungstest im Machtkampf der Radikalen um Präsident Ahmadinedschad mit der religiösen Führung.

Teheran. Mit allen Mitteln hat die iranische Führung bei der Parlamentswahl am Freitag eine hohe Wahlbeteiligung zu erreichen versucht. Eine starke Teilnahme der Bürger sei ein Zeichen des Widerstandes gegen Drohungen aus dem Ausland, erklärte die Staatsführung am Wahltag. Die Behörden verschoben die Schließung der Wahllokale um mehrere Stunden nach hinten. Während die Führung eine hohe Beteiligung feierte, rief die Opposition zum Boykott auf.

Präsident Mahmud Ahmadinedschad will sich für die Wahl 2013 in Stellung bringen. Es war die erste nationale Abstimmung seit der von Massenprotesten begleiteten Wiederwahl Ahmadinedschads 2009. Mehrfach verlängerten die Behörden am Freitag die Öffnungszeiten der Wahllokale. Sie schlossen am Abend vier Stunden später als ursprünglich geplant. Es habe einen sehr starken Andrang gegeben, hieß es zur Begründung. Augenzeugen in Teheran konnten dies nicht bestätigen. Die Menschen seien eher mit den Vorbereitungen für das persische Neujahrsfest am 21. März beschäftigt, sagten sie. Ein Endergebnis wurde für Anfang kommender Woche erwartet.

Der Ausgang der Parlamentswahl wird kaum Auswirkungen auf die Politik des Landes haben. Bei wichtigen Fragen wie dem Atomstreit mit dem Westen und den damit verbundenen Sanktionen hat das Parlament nichts zu sagen. Die Macht liegt bei dem obersten Führer des Landes, Ajatollah Ali Chamenei, und seinen Beratern.

Barack Obama droht Iran mit Angriff auf Atomanlagen

Die Wahlbeteiligung sei ein Zeichen des Widerstandes gegen Drohungen aus dem Ausland, erklärte Chamenei nach der Abgabe seiner Stimme. „Die Wahlbeteiligung wird eine klare Antwort auf die Drohungen der internationalen Imperialisten gegen den Iran sein“, sagte der oberste Führer des Landes weiter. Die beste Antwort darauf komme aus dem täglichen Leben. „Die Wahlen sind eine gute Gelegenheit um zu zeigen, dass ihre Drohungen zwecklos sind.“

Die Wahlen gelten auch als wichtiger Test für die Beliebtheit des Präsidenten. Ahmadinedschad gab seine Stimme am Freitag in einer Moschee in Teheran ab – im Gegensatz zu früheren Wahlen kommentarlos. Es ist der erste Wahlgang nach seiner umstrittenen Wiederwahl im Jahr 2009, die von Massenprotesten begleitet wurde. Ahmadinedschad zeigte sich am Freitag siegessicher: Er verließ die Moschee nach seiner Stimmabgabe mit einem Victory-Zeichen.

Nachrichtensprecher riefen die Bevölkerung wiederholt auf, „zum Wohle des Landes“ an dem Urnengang teilzunehmen. Mehr als 48 Millionen Iraner waren stimmberechtigt. „Diese Wahlen sind eine große Prüfung und sollen alle feindlichen Verschwörungen gegen unser islamisches Land neutralisieren“, hieß es beim Staatssender Irib. Die iranische Opposition boykottiert die Wahl. „Wir rufen alle, die an wirkliche Freiheit glauben, auf, nicht an den Wahlen teilzunehmen, um zu zeigen, dass sie symbolische Urnengänge satthaben“, schrieb die Oppositionswebseite Jaras. Nach den Massenprotesten vor drei Jahren wurden die Regimegegner nach Einschätzung von Experten praktisch mundtot gemacht.

Irans Religionsführer könnte bei Wahl gestärkt werden

Die Internetseite Kalame des Reformers Mir Hossein Mussawi appellierte an die Iraner, aus Solidarität mit den Oppositionsführern Mussawi und Mehdi Karrubi zu Hause zu bleiben. Die beiden ehemaligen Präsidentschaftskandidaten stehen unter Hausarrest. Damit sind sie de facto politisch ausgeschaltet. Andere Reformer sitzen im Gefängnis oder haben der Politik den Rücken gekehrt.

Mehr als 3400 Kandidaten bewarben sich um die 290 Sitze. Die meisten Sitze im Parlament wird sich aller Voraussicht nach eine Gruppe sichern, die sich Prinzipalisten nennt. Diese Gruppe wird vom derzeitigen Parlamentspräsidenten und ehemaligen Atom-Unterhändler Ali Laridschani angeführt. Die Konservativen fühlen sich den Prinzipien der islamischen Revolution von 1979 verpflichtet und verhalten sich loyal zum religiösen Establishment. Die Prinzipalisten machen Ahmadinedschad für das Scheitern der Wirtschaftsreformen verantwortlich. (dpa/abendblatt.de)