Finanzminister Schäuble hat sich entschieden: Die Daten von Steuersündern werden gekauft. Die meisten Deutschen stehen hinter dem Entschluss.

Berlin. Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) hat grünes Licht für den Ankauf der umstrittenen gestohlenen Steuerdaten aus der Schweiz gegeben. „Im Prinzip ist die Entscheidung gefallen“, sagte der CDU-Politiker der „Augsburger Allgemeinen". Zuvor hatte bereits Verbraucherschutzministerin Ilse Aigner im ARD-Morgenmagazin erklärt: „Es werden die Daten gekauft.“ Ein Informant verlangt 2,5 Millionen für eine Liste mit etwa 1300 wohlhabenden deutschen Steuersündern.

Wie Schäuble erklärte, sei der Fall rechtlich ähnlich gelagert wie die Affäre um Liechtensteiner Stiftungskonten vor zwei Jahren. Damit bekräftigte er seine Position vom Vortag. „Wir konnten deshalb gar nicht anders entscheiden“, sagte der Minister. Er verwies dem Vorabbericht zufolge darauf, dass bislang kein Gericht in Zusammenhang mit den Liechtensteiner Konten ein Verbot der Beweismittelverwertung ausgesprochen habe und dem Ankauf aus Sicht des Bundesfinanzministeriums damit rechtlich nichts entgegenstehe.

Bereits Anfang 2008 waren für fünf Millionen Euro die Daten von deutschen Steuersündern angekauft worden, die ihr Geld in Liechtenstein versteckt hatten. Anschließend war unter anderem der frühere Post-Chef Klaus Zumwinkel wegen Steuerhinterziehung aufgeflogen.

Die Mehrheit der Deutschen steht hinter Schäubles Entscheidung. Auch wenn die Unterlagen illegal beschafft würden, sind 57 Prozent der Deutschen wie Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) für den Ankauf, ergab eine Forsa-Umfrage im Auftrag des Magazins „Stern“. 43 Prozent der Befragten lehnen den Handel hingegen ab.

Auch der Bundesvorsitzende der Deutschen Polizeigewerkschaft, Rainer Wendt, sprach sich für den Kauf auf. Er riet im Nachrichtensender N24 allen, die unversteuertes Geld bei der Credit Suisse haben: „Sie sollten sich jetzt melden, bevor wir diese CD haben.“ Grundsätzlich unterstützte auch der niedersächsische Finanzminister Hartmut Möllring den Kauf. Es sei zwar eine „komplizierte Abwägung", aber das Interesse der Bürger sei höher zu bewerten als der Schutz der Daten, sagte er der „Nordwest-Zeitung". „Es wäre gut, wenn wir die Daten erhalten und an die Steuersünder herankommen könnten", sagte auch Unions-Fraktionsvize Günter Krings dem „Kölner Stadt- Anzeiger". Der Staat dürfe aber nicht „ohne jede weitere Prüfung jede beliebige Geldforderung erfüllen".

SPD-Generalsekretärin Andrea Nahles setzte sich ebenfalls für den Ankauf der umstrittenen Daten-CD ein. „Wir haben bei organisierter Kriminalität, bei Drogen und bei Zeugenschutzprogrammen immer wieder auf durchaus zweifelhafte Quellen zurückgegriffen, weil es eine Abwägung gab: Was ist wichtiger? Wo wird das Recht mehr verletzt? In diesem Fall ist es natürlich eine Abwägung, die aber nur heißen kann, dass das Interesse des Staates hier vorgeht und der Staat dieses Geschäft machen sollte, weil hier grundsätzliche Gerechtigkeitsfragen berührt sind“, sagte Nahles im ZDF-Morgenmagazin.

Der Vorsitzende des Rechtsausschusses im Bundestag, Siegfried Kauder (CDU) warnte hingegen aus rechtlichen Gründen ebenso vor einem Kauf der Daten wie der Präsident des CDU-Wirtschaftsrates, Kurt Lauk. Lauk empfahl im „Kölner Stadt-Anzeiger", den Anbieter der Steuersünderdatei zu verhaften. Der Staat dürfe die Daten nicht kaufen, da er unter keinen Umständen zum Hehler werden dürfe. Kauder sagte der „Neuen Osnabrücker Zeitung", seiner Einschätzung nach „wären die Kontodaten in einem Strafprozess gegen betroffene Steuersünder nicht verwertbar". Steuern dürften nicht beigetrieben werden, indem die Finanzbehörden sich der Hehlerei schuldig machten.