Die Bundesregierung will sich international für eine Steuer auf Finanz- Transaktionen einsetzen. Der Finanz-Obmann der FDP trat aus Protest zurück.

Berlin. Kehrtwende um 180 Grad: Die schwarz-gelbe Koalition macht sich nun doch für eine Finanzmarktsteuer stark. Union und FDP beauftragten am Dienstag die Bundesregierung, sich international für eine Finanztransaktions- oder Finzaktivitätssteuer einzusetzen, um die Branche an den Kosten der Krise zu beteiligen und den Hunger der Spekulanten zu bremsen.

Aus Protest gegen den Beschluss legte der FDP-Bundestagsabgeordnete Frank Schäffler mit sofortiger Wirkung sein Amt als Obmann der Liberalen im Finanzausschuss nieder. SPD und Grüne ließen offen, ob sie dem 750-Milliarden-Euro-Rettungspaket jetzt zustimmen werden, das am Freitag im Bundestag verabschiedet werden soll. Direkt danach soll das Gesetz voraussichtlich den Bundesrat passieren.

Bundeskanzlerin Angela Merkel erklärte am Nachmittag vor der Unionsfraktion, vor allem im Kreis der G-20 werde es nicht leicht, eine Finanztransaktionssteuer durchzusetzen. „Im Notfall muss man Rabatz machen“, wurde die CDU-Vorsitzende von Teilnehmern zitiert. Aber auch in der Koalition stieß der Beschluss auf Kritik. „Das bringt nichts, sondern läuft nur den Linken in diesem Land hinter her“, sagte der FDP-Politiker Schäffler und kündigte an, er werde am Freitag im Bundestag gegen den Rettungsschirm für den Euro stimmen.

Die Kehrtwende hatte sich zuletzt zwar angedeutet, kam aber trotzdem überraschend. Bisher hatten die Liberalen, aber auch Teile der CDU eine Finanztransaktionssteuer strikt abgelehnt. Merkel hatte wiederholt erklärt, dass sie eine solche Steuer international für nicht durchsetzbar hält. Weil es keinen Kompromiss gab, hatte die SPD der Griechenlandhilfe vor knapp zwei Wochen im Bundestag ihre Zustimmung verweigert.

Die Union habe die FDP nun überzeugen können, dass es über die Bankenabgabe hinaus ein Instrument geben müsse, das „den ungebremsten Hunger der Finanzjongleure“ bremse, sagte CSU-Landesgruppenchef Hans-Peter Friedrich nach der Einigung. Unionsfraktionschef Volker Kauder betonte: „Wir wollen die Stabilisierung des Euro. Wir wollen aber auch, dass die Finanzmärkte an dieser Stabilisierung beteiligt werden.“

Die FDP-Fraktionsvorsitzende Birgit Homburger Homburger sagte: „Diejenigen, die zulasten von Steuerzahlern spekulieren, müssen an den Kosten der Krise beteiligt werden.“ Unionsfraktionsgeschäftsführer Peter Altmaier versicherte: „Natürlich versuchen wir, die privaten Anleger möglichst nicht zu belasten.“

Die SPD begrüßte den Beschluss, hält sich ihre Zustimmung im Bundestag zum Euro-Paket aber noch offen. Dass sich die Koalition endlich bewege, sei ein großer Erfolg der SPD, sagte Parteichef Sigmar Gabriel. Nötig sei aber ein klares Bekenntnis von Union und FDP zur Transaktionssteuer. „Unverbindliche Prüfaufträge reichen nicht aus.“

Falls die mehrheitlich konservativ-liberalen Regierungen in Europa die Forderung nach einer effizienten Regulierung nicht nachkämen, werde die SPD zum Jahresende mit der SPÖ ein europäisches Volksbegehren zur Durchsetzung schärferer Regeln für die Finanzmärkte starten.

Die Grünen kündigten eine parteiübergreifende Initiative für schärfere Regeln am Finanzmarkt an. CSU-Landesgruppenchef Friedrich lehnte einen neuerlichen Entschließungsantrag aber ab. Die Koalition habe ein Signal gesetzt, „das entweder ankommt oder nicht“, sagte er.

Im Gespräch ist bislang eine Finanztransaktionssteuer von 0,05 Prozent. Damit würde die prozentuale Abgabe – wie bei einer Mehrwertsteuer – auf jedes offizielle Geschäft am Kapitalmarkt erhoben. Sie fällt je höher aus, desto größer die Transaktionen sind. Eine Finanzaktivitätssteuer hingegen käme einer Art Sonderabgabe für Banken auf Gewinne, Gehälter und Boni gleich. Diese Steuer könnte laut IWF bei zwei Prozent liegen.