Im Kampf gegen Finanzspekulationen werden Rufe nach einer Transaktionssteuer lauter. Kanzlerin Merkel lehnt sie ab - im Gegensatz zur CSU.

Die Einführung einer Finanztransaktionssteuer zur Eindämmung von Spekulationen entzweit die schwarz-gelbe Koalition. Während CDU und FDP ein solches, vor allem von SPD, Grünen und Linkspartei gefordertes Instrument überwiegend ablehnen, spricht sich die CSU ohne Abstriche dafür aus. Der CSU-Vorsitzende und bayerische Ministerpräsident Horst Seehofer setzte sich dafür am Sonntagabend im ZDF „ohne wenn und aber“ ein. „Denn wir müssen diese Branche, die Finanzbranche insgesamt, der wir ja zum großen Teil diese Wirtschafts- und Finanzkrise leider zu verdanken haben, bei der Bewältigung der Kosten auch heranziehen“, sagte er zur Begründung in der Sendung „Berlin direkt“.

Gesamtmetall-Präsident Martin Kannegiesser äußerte sich im „Hamburger Abendblatt“ (Montag) ebenfalls positiv zu einer Transaktionssteuer: „Eine Transaktionssteuer kann ein richtiger Weg sein, um die Erträge der reinen Finanzprodukte nicht zu weit von denen der Finanzierung der Realwirtschaft auseinanderdriften zu lassen. Die Idee sollte nicht mit ausschließlich ideologischen Reflexen vom Tisch gewischt werden, denn das Problem des Auseinanderdriftens ist real.“

Die Debatte über eine Finanztransaktionssteuer wird in dieser Woche auch die Beratungen über den 750-Milliarden-Euro-Rettungsschirm zur Stabilisierung der Gemeinschaftswährung mitbestimmen. Die Bundesregierung will das deutsche Gesetz dafür am Mittwoch im Bundestag einbringen. Nach Angaben aus Regierungskreisen vom Sonntag geht die Bundesregierung davon aus, dass am Freitag im Parlament über das Euro-Rettungs-Gesetz abgestimmt werden kann. Ob es am gleichen Tag bei einer Sondersitzung auch vom Bundesrat gebilligt wird, ist offen. Möglich wäre auch ein Beschluss der Länderkammer bei ihrer nächsten planmäßigen Sitzung am 4. Juni.

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hält eine Finanztransaktionssteuer nur dann für sinnvoll, wenn sie international eingeführt wird. Anders könnten solche Regulierungen nicht funktionieren, sagte Merkel am Sonntag bei der Eröffnung des DGB-Bundeskongress in Berlin. Sie sieht aber offenbar wenig Chancen: Wenn es die Gewerkschaften erreichten, dass die G20-Regierungschefs gemeinsam die Finanztransaktionssteuer forderten, „dann werde ich mich dem nicht entgegenstellen“, sagte Merkel.

Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU) forderte hingegen, gesetzliche Maßnahmen zur Finanzmarktregulierung notfalls im Alleingang und ohne EU-Einigung in Deutschland einzuleiten. Es sei ein „Ärgernis“, dass die schon bei den früheren Stabilisierungspaketen versprochene Regelung noch nicht auf den Weg gebracht sei, sagte Lammert der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung".

Der Bundestagspräsident deutete an, dass eine Mehrheit für das Euro-Paket ohne gleichzeitige Finanzmarktregelungen gefährdet sein könnte. „Ich wäre nicht erstaunt, wenn am Ende viele Abgeordnete ihre Zustimmung zu dem Paket vom Nachweis abhängig machen, dass solche Regulierungsmaßnahmen endlich eingeleitet werden“, sagte Lammert. Eine bloße Entschließungserklärung reiche nicht mehr aus. „Davon hatten wir nämlich hinreichend“, hob er hervor. Lammert sagte: „Die Ungeduld wächst, wenn internationale Vereinbarungen nicht zustande kommen, wohl aber die neuen Wettgeschäfte, deren Risiken wir dann in immer neuen Rettungspaketen absichern sollen.“

So will etwa die SPD dem Euro-Rettungsprogramm im Bundestag nach den Worten ihres Parteichefs Sigmar Gabriel nur zustimmen, wenn die Regierung auch die Finanzmarktsteuer auf den Weg bringt. Gabriel sagte der „Bild“-Zeitung (Montag): „Natürlich wollen und müssen wir den Euro stabilisieren. Aber die Zocker und Spekulanten müssen die Kosten tragen, nicht die Steuerzahler.“ Es sei „unfassbar“, dass Merkel und Westerwelle eine europäische Finanzmarktsteuer verweigerten. Gabriel: „Bis zu 20 Milliarden Euro gehen Deutschland damit jährlich verloren. Geld, das wir dringend bräuchten, um die Eurokrise zu meistern und Schritt für Schritt die Schulden abzuzahlen.“