Lauenburg. Frische Gurken, schöne Hortensien, die Ernte und ein neuartiges schnelles Gericht – Themen, die schon vor 150 Jahren interessierten.

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Die Rubrik „Land- und Volkswirtschaftliches“ dürfte im Jahr 1870 von großem Interesse gewesen sein. Nicht nur die Landwirte waren sicher froh über Tipps gegen die Rinderseuche, Tollwut unter Kühen oder Schafpocken, Infos zur Lagerung von Düngemitteln sowie ausführliche Diskussionen etwa zu der Frage: „Sollen wir die Saatfurche walzen?“ Auch der private Haushalt kam immer auf seine Kosten, erfuhr etwas über den „Wurmstich bei Äpfeln und Birnen“ oder die Kunst des Gurkenlagerns. Manches ist sogar heute noch aktuell, anderes reizt dazu, es einmal auszuprobieren.

In einer Notiz heißt es im Herbst 1870 etwa zum Thema „Gurken lange Zeit frisch erhalten“ kurz und knapp: „Man legt die Gurken in einen Keller oder trockenes Gewölbe nicht über-, sondern nebeneinander, so daß sie sich untereinander nicht berühren.“

In der Zeitung ein Plädoyer für den Nutzen der Brennnessel

Was das Thema „Eierlegen der Hühner im Winter“ mit Brennnesseln und dänischen Pferden zu tun hat, zeigt folgender Bericht: „Wenn Hühner im Winter mit zerkleinerten und gekochten Nesselblättern oder mit Beigabe von etwas Samen gefüttert und in einem warmen Stall gehalten werden, so legen sie den ganzen Winter hindurch. Daß der Same übrigens ein dem Federvieh auch gedeihliches Futter sein müsse, beweist der Umstand, daß man im Herbste und im Frühjahre alles Federvieh in der Nähe von Nesselstauden eifrig scharren und den Samen begierig aufnehmen sieht. Dadurch läßt es sich auch erklären, warum die Nesseln, deren jede einzelne Staude Tausende von Samenkörnern trägt, an Orten, wo größere Massen dieser Pflanzen vorkommen, sich nicht so bedeutend vermehren, wie dies der Fall sein müsste, wenn der Same von diesen Thieren nicht verzehrt werden würde. Einen ganz vorzüglichen Einfluß aber hat dieser Same auf die Pferde, weshalb ihn die Dänen, deren Rosse, wie bekannt, sehr stattlich aussehen, sorgfältig sammeln, trocknen und zerreiben. Von diesem Nesselstaube mengen sie Morgens und Abends unter den Hafer; die Pferde werden dadurch fleischig und fett und ihr Haar erlangt einen auffallend schönen Glanz.“

Soweit das Plädoyer der Zeitung für die Brennnessel. Heute empfehlen Kräuterexperten die Blätter der Brennnesseln nicht nur Hobbyköchen als Zutat zum Salat. Auch bei speziellen Problemen, die 1870 aber deutlich häufiger aufgetreten sein dürften als heute, wusste die Allgemeine Lauenburgische Landeszeitung Rat. So wird als „Mittel gegen das Springen hölzerner Faßhähne“ empfohlen „daß man dieselben in schmelzendes Paraffin einlegt und mit demselben so lange über 100° C. erwärmt, als aus dem Holze noch Luftbläschen entweichen. Hat die Luftentwicklung aufgehört, so läßt man den hölzernen Hahn noch so lange unter dem geschmolzen Paraffin, bis dasselbe auf ungefähr 50° C., also bis nahe zu seinem Erstarrungspunkte, abgekühlt ist, und entfernt hierauf durch starkes Reiben das auf der Oberfläche des Holzes lagernde Paraffin.“

Ein Tipp für Kaffeetrinker und Blumenliebhaber

An Kaffeetrinker und Blumenliebhaber geht folgender Tipp: „Ein hiesiger Gärtner hat dieses Jahr die schon gelungene Probe geliefert, wie man prächtige blaue Hortensien bekommt, wenn man Kaffeesatz mit der Topferde vermischt. Ein Versuch, die Kaffeesatzdüngung auch bei Rosenstöcken zu probiren, ist gemacht und wird seinen Erfolg im nächsten Jahre zeigen. Vielleicht könnte man auch die gemeinen weißen Lilien durch dieses Verfahren anders färben ebenso auch Tulpen u. dgl.“

Andere Artikel beschäftigt sich mit dem Frischhalten von Wasser, dem Konservieren von Fleisch oder auch von Erdäpfeln. So habe ein Herr Krause-Wolka eine neue, praktische Art gefunden, gefrorene Kartoffeln zu konservieren: „Man schüttet die gefrorenen Kartoffeln zum Aufthauen und Durchsammeln auf eine Tenne, wäscht sie, nachdem sie aufgethaut sind, und lässt sie dann mit Spreu in eine Grube bringen und zwar so, daß zuerst eine Lage Spreu durch zwei Männer gehörig festgetreten wird, hierauf eine ungefähr 4 Zoll hohe Lage der Kartoffeln, die mit etwas Salz bestreut werden müssen, ebenfalls festgetreten, dann wieder eine Schicht Spreu und so abwechselnd weiter. Herr Krause fand bei kürzlicher Revidirung der Grube die Kartoffeln nicht gefault, sondern von gutem Aussehen und eine schöne Weinsäure enthaltend, so daß er glaubt, dieselben ohne zu kochen zum Viehfutter benutzen zu können.“

Begeisterung für den Vorläufer der „Fünf-Minuten-Terrine“

Und zur Ernte heißt es in einer Meldung aus Oldesloe vom 26. September: „Ein hiesiger Geschäftsmann, der bei diesen Tagen von einer Reise nach Mecklenburg retournirte, versichert, daß der Ertrag der Kartoffel-Ernte dort enorm und der Preis dafür in Folge ein höchst geringer sei.“

Mit wahrer Begeisterung berichtet die Redaktion über eine Neuheit, die sogenannten Erbsen- oder Erbswürste, der Vorläufer der „Fünf-Minuten-Terrine“ sozusagen. Am 1. Oktober liest sich das so:

„Erbsenwürste, von welchen wir im gegenwärtigen Feldzuge zum ersten Male hören, werden in der „Staatsfabrik für Armee-Präserven“ in Berlin angefertigt. Sie sind unstreitig das Beste, was für die Armee bis jetzt beschafft worden ist. Sie bestehen aus einer Mischung von Erbsenmehl, Speck und Gewürz, welche in größeren Därmen in trockenem Zustande in Wurstform conserviert wird und sehr lange hält. Jede Wurst besteht aus 3 durch einen Bindfaden abgetrennte Portionen. Zu einer Portion kommen 3/4 Quart Wasser. Wird in diesem der Inhalt der Wurst einen Augenblick gekocht, so giebt das eine sehr schmack- und nahrhafte Suppe. Der Soldat kann 5 bis 6 Portionen bei sich führen und ohne sonstige Viktualien ganz gut davon leben. In derselben Fabrik werden jetzt auch Reiswürste fabriziert, für die vorzüglich Rindfleisch verwendet wird. Dieselben sollen an Nahrungsstoff und Schmackhaftigkeit die Erbswürste noch übertreffen und dabei von gleicher Dauerhaftigkeit sein.“

Wer einen Versuch mit der Wurst „riskieren will“

Sechs Wochen später nimmt die Allgemeine Lauenburgische Landeszeitung das Thema noch einmal begeistert auf, und wendet sich direkt an die Lauenburgerinnen: „Von einem Pfund Erbsfleischwurst, dessen Verkaufspreis sich auf 12 Silbergroschen berechnet, lassen sich reichlich 3 Portionen à dreiviertel Quant kräftiger und sämiger Suppe in 5 Minuten herstellen. Denjenigen Hausfrauen Lauenburgs, welche einen Versuch mit dieser Wurst riskieren wollen, ist die Expedition unserer Zeitung gern erbötig, die Firma der Bezugsquelle mitzuteilen.“

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