Hamburg. Im Abendblatt-Podcast erklären Ärzte von Asklepios einmal pro Woche ein Krankheitsbild und geben Tipps. Folge 3: Masern.

Bis zum Jahr 2015 hätten Masern in Deutschland ausgerottet sein sollen. Doch die hochansteckende und mitunter lebensgefährlich verlaufende Viruserkrankung ist aktuell stärker auf dem Vormarsch als je zuvor – und zwar weltweit.

Nach Angaben der Weltgesundheitsorganisation (WHO) hat die Zahl der Fälle von Masern im ersten Quartal 2019 im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um 300 Prozent zugenommen. Aus Neuseeland wurde jüngst eine Epidemie gemeldet und der Bürgermeister von New York, Bill de Blasio, hat für Teile seiner Stadt den Notstand ausgerufen. Während Hamburg in den vergangenen Jahren zwar weitgehend verschont blieb, wurden in Bad Segeberg im März zwei Schulen wegen Fällen von Masern geschlossen.

Masern sind hochgradig ansteckend

„Es gibt kaum eine Krankheit, die so ansteckend ist wie Masern“, warnt Dr. Susanne Huggett in der „Digitalen Sprechstunde“, dem Gesundheitspodcast von Hamburger Abendblatt und Asklepios. „Wer Kontakt zu einem Erkrankten hat und nicht geschützt ist, der hat so gut wie keine Chance. Die Wahrscheinlichkeit der Ansteckung liegt bei fast 100 Prozent.“

Dass sich Masern derzeit wieder so stark ausbreiten, gehe in den westlichen Ländern vor allem auf eine zunehmende Impfskepsis zurück. Die WHO hält Impfgegner deshalb für eines der höchsten Gesundheitsrisiken, hat sie als ähnlich gefährlich eingestuft wie Ebola. „Man muss in der Tat noch einmal deutlich über die erheblichen Risiken der Masern aufklären, um die Impfbereitschaft zu erhöhen“, sagt die Lungenfachärztin, die als Ärztliche Leiterin bei Asklepios die Krankenhaushygiene verantwortet.

Masern: Einer von 1000 Erkrankten stirbt

Es handele sich bei Masern, die durch Tröpfcheninfektion übertragen werden, mitnichten um „eine harmlose Kinderkrankheit, die der Körper eben durchmachen müsse“, wie Impfgegner – kürzlich auch auf einer Demonstration in Hamburg – meinen. Zwei Fragen würde sie jenen Skeptikern gern stellen, sagt die erfahrene Medizinerin: „Wissen Sie eigentlich, dass immer noch einer von 1000 Erkrankten stirbt?

Und sind Ihnen die fatalen Spätfolgen von Masern bekannt?“ So sei es möglich, dass ein Kind auch noch Jahre nach der akuten Infektion beispielsweise eine gefährliche Gehirnentzündung entwickle. „Dieses Kind wird dadurch so schwer behindert sein, dass es nicht mehr selbstständig leben kann“, sagt Dr. Susanne Huggett, die im Vorschulalter selbst an Masern erkrankt war. Das sei vor 1967 gewesen, also bevor der Impfstoff in Deutschland zur Verfügung stand.

„Ich hatte damals großes Glück, dass ich die Masern ohne Komplikationen überstanden habe“, sagt die fünffache Großmutter, deren Enkelkinder „selbstverständlich“ alle geimpft seien – sogar das jüngste, das erst neun Monate jung sei. „Eigentlich impft man ein Kind erst mit elf Monaten und dann noch einmal während des zweiten Lebensjahres. Aber da meine Tochter mit ihrer Familie gerade durch Neuseeland reist, wo ja die Masern ausgebrochen sind, wurde die Kleine früher geschützt.“

Masern beginnen wie ein grippaler Infekt

Eine große Gefahr sei, dass die Krankheit oft nicht sofort erkannt werde. „Es beginnt ja wie ein grippaler Infekt. Und die typische Veränderung der Mundschleimhaut, die so genannten Koplik-Flecken, werden nicht immer sofort beachtet“, sagt Dr. Susanne Huggett, die mit einem Briten verheiratet ist.

Schon fünf Tage bevor der charakteristische Hautausschlag, der hinter den Ohren beginne und sich dann über Gesicht und Körper ausbreite, sichtbar werde, sei der Patient hochansteckend. Eine effektive Therapie gebe es nicht – anders als bei bakteriellen Infektionen, die gut mit Antibiotika behandelt werden könnten.

Dr. Huggett hält Masern-Impfpflich für richtig

Insofern sei die Meldepflicht der Masern wichtig und es sei auch richtig, dass beispielsweise die Schulen in Bad Segeberg umgehend geschlossen worden seien. „Ich kann nur dazu raten, dass sich alle Schüler und Lehrer, die nicht geschützt sind, in einem solchen Fall sofort nachimpfen lassen.“

Zur Frage einer Impfpflicht gegen Masern, wie sie derzeit bundesweit diskutiert wird, meint die Medizinerin: „Man muss noch einmal deutlich sagen: Es geht nicht nur um das jeweils eigene Kind. Es geht auch um eine gesamtgesellschaftliche Verantwortung.“

Masern – das sind die Symptome im Vorstadium

  • trockener Husten
  • Halsschmerzen
  • Fieber
  • Müdigkeit, Kopfschmerz, Abgeschlagenheit
  • aufgedunsenes Gesicht
  • später Hautausschlag

Ein Ansatz sei vielleicht, dass die Impfung gegen Masern wieder, wie Ende der 1960er-Jahre, in den Gesundheitsämtern durchgeführt werde. „Die Tatsache, dass das jetzt vor allem niedergelassene Ärzte übernehmen, verleitet vielleicht den einen oder anderen dazu, zu glauben, es sei eine individuelle Angelegenheit.“ Das sei es aber spätestens dann nicht mehr, wenn eine Masern-Epidemie ausbreche.

Gesundheits-Podcast mit Asklepios

Die "Digitale Sprechstunde" ist die neue Gesundheits-Gesprächsreihe von Hamburger Abendblatt und Asklepios. Jede Woche erklärt ein Experte im Gespräch mit Vanessa Seifert ein Krankheitsbild und gibt Auskunft über Vorsorge und Möglichkeiten der Therapie.

In der nächsten Folge klärt Privatdozent Dr. Holger Maul, Chefarzt der Asklepios-Geburtskliniken Barmbek, Nord, Wandsbek, alle Fragen rund um die Geburt.