Hamburg. Im Podcast erzählt Klaus Püschel die Geschichte eines Mannes, der nach fast 18 Jahren Gefängnis seinen ersten Mord begeht.

In einer dunklen Ecke auf einem Abwrackgelände treibt ein Mann einen anderen vor sich her, unerbittlich, mit einer Pistole in der Hand. Er hat einen Job zu erledigen, einen eiskalten Mord. Der Mann tötet für Geld. Sein Opfer weiß, dass seine letzte Stunde geschlagen hat. Der Todgeweihte weint bitterlich. Doch er versucht nicht zu fliehen und ebenso nicht, sich zu wehren. Er muss gewusst haben, dass er keine Chance hat gegen den Killer. Einen Mann, der kurzen Prozess macht mit einem gezielten Kopfschuss — für einen Lohn von offenbar mehreren Zehntausend Mark.

Und der Killer tötet erneut, keine sechs Monate später, in einer Hamburger Wohnung. Außer dem Toten gibt es auch noch eine Schwerverletzte. Und es geschieht weiteres, unermessliches Leid.

Auftragskiller tötete sein Opfer mit Kopfschuss

Als Peter Z., der Auftragskiller, seinen ersten Mord begeht, hat der 40-Jährige schon eine lange Knastkarriere hinter sich. Seit er 16 ist, häufen sich die Verurteilungen, erst wegen Diebstahls, schließlich wegen mehrerer Raubüberfälle mit Waffen. Nach fast 18 Jahren hinter Gittern kommt er am 19. Juni 1998 frei. Geläutert? Gebessert? Mitnichten. Sechs Wochen später wird er zum Killer.

„Wir bekamen die Nachricht von einem Tötungsdelikt an einem Morgen im August 1998. Es hieß, ein Mann sei in der Früh um 5 Uhr auf einem Abwrackgelände zwischen zwei Containern gefunden worden“, erzählt Rechtsmediziner Klaus Püschel im Abendblatt-Crime-Podcast „Dem Tod auf der Spur“ mit Gerichtsreporterin Bettina Mittelacher. „Noch am selben Tag erfolgte die Sektion.

Der Auftragsmörder hatte es offensichtlich darauf angelegt, das Opfer sofort niederzustrecken. Er wusste, was er tat, und ging professionell vor. Er tötete den Mann mit einem einzigen Schuss, er hat ihn regelrecht hingerichtet“, sagt Püschel. „Bei der Sektion des Toten haben wir einen Kopfdurchschuss festgestellt, der Schusskanal verlief durch zentrale Hirnareale und war sofort tödlich, weil lebenswichtige Bereiche zerstört wurden.“

Im zweiten Fall tarnt sich der Killer als Paketbote

Später wird der Getötete als ein 30 Jahre alter Schwede identifiziert. Er war Autohändler und in Betrugshandlungen verwickelt, deretwegen er mit Kollegen in Streit geriet. So sehr, dass einer seiner Konkurrenten beschloss, ihn umbringen zu lassen. Als Peter Z. später gegenüber einem Kumpel von dem effizient erledigten Verbrechen erzählt, sagt er über das Opfer auf dem Abwrackgelände: „Schrott gehört zu Schrott.“

Dass für Peter Z. ein Leben nichts zählt, zeigt der 40-Jährige erneut gerade mal sechs Monate nach dem Auftragsmord. Im zweiten Fall benutzt der Killer einen Trick, um sich dem Opfer zu nähern. Der Verbrecher tarnt sich als Paketbote und klingelt an der Wohnungstür des Opfers.

Und nun beginnt für den 70-Jährigen und dessen Lebensgefährtin eine Tortur, mit Fesselungen und Misshandlungen. Beiden werden Stoffbeutel über den Kopf gezogen, sodass sie nichts mehr sehen können. Dann benutzt der Täter einen mitgebrachten Hammer und ein Küchenmesser und schlägt und sticht auf den Mann und die Frau ein. Die 49-Jährige wird ohnmächtig.

49-Jährige überlebt Angriff wie durch ein Wunder

Als sie wieder zu sich kommt, liegt sie am Boden, ihre linke Körperhälfte ist gelähmt. Und sie spürt, dass sie weiterhin in tödlicher Gefahr schwebt. Der Verbrecher ist noch in der Wohnung, er stößt die Frau an. Dass sie wie tot wirkt, regungslos und leichenblass, rettet letztlich ihr Leben. Der Auftragsmörder glaubt, dass er sie erledigt hat, und verlässt die Wohnung. Die Frau liegt nur eine Armlänge entfernt von ihrem Partner. Dessen Herz schlägt nicht mehr. Auch sie ist mehr tot als lebendig.

„Die 49-Jährige hat ein offenes Schädelhirntrauma erlitten mit einer Impressionsfraktur, das heißt, dass es zu Knochenverlagerungen ins Schädelinnere gekommen ist“, erläutert Püschel. „Die Verletzungen wurden mit einem stumpfen Werkzeug zugefügt, außerdem bekam sie mehrere Messerstiche ab, unter anderem in den Nacken und den Brustkorb. Der Täter muss mit großer Wucht zugeschlagen und zugestochen haben.

Angesichts dieses Verletzungsmusters muss man von einer ganz klaren Tötungsabsicht ausgehen. Aus meiner Sicht ist es geradezu ein Wunder, dass die Frau die schweren Verletzungen überlebt hat.“ Bei dem Mann, der neben seinem bürgerlichen Leben im Milieu tätig und möglicherweise einem Konkurrenten in die Quere gekommen war, waren die Stichverletzungen tödlich. Insgesamt hat der Täter 32-mal zugestochen.

Mörder flog auf, als er mit seinen Taten prahlte

Der Mörder wird ermittelt, nachdem er einem Kumpel gegenüber mit dem Verbrechen geprahlt hat und dieser sich an die Polizei wendet. Vor dem Schwurgericht, wo sich Peter Z. nun wegen zweier Morde und versuchten Mordes verantworten muss, schweigt der 40-Jährige konsequent. Auch während der Aussage der schwer verletzten 49-Jährigen lümmelt er sich gelangweilt auf seinem Stuhl.

Die Zeugin erzählt, wie der Verbrecher ihnen Säcke über den Kopf stülpte. Er habe kalt gesagt: ,Mit euch ist es sowieso bald vorbei‘“, erzählt sie. „Dann hörte ich, wie Günter vom Stuhl fiel. Anschließend trat der Täter hinter mich, und plötzlich sah ich Sterne. Ich dachte: Fall vom Stuhl und stell dich tot. Dann weiß ich nichts mehr.“ Auch später habe sie nicht versucht, vor dem Fremden zu flüchten. „Ich bin wie ein Schaf zur Schlachtbank gegangen.“

Am Ende, nach fast 300 Verhandlungstagen mit 150 Zeugenbefragungen und dreieinhalb Jahren Prozessdauer fällt das Landgericht schließlich sein Urteil gegen Peter Z.: lebenslang mit besonderer Schwere der Schuld sowie Sicherungsverwahrung. Das ist die höchste nach deutschem Recht mögliche Strafe.