Der georgische Präsident Michail Saakaschwili hat angesichts der eskalierenden Kämpfe um Südossetien das Kriegsrecht verhängt. Nachrichtenlage unklar.

Die Gefechte in der von Georgien abtrünnigen Region kosteten nach russischen Angaben bislang mindestens 1500 Menschen das Leben. Bei einem russischen Angriff in der georgischen Stadt Gori wurden zudem zahlreiche Zivilpersonen getötet und verletzt. Russische Truppen brachten nach eigenen Angaben die südossetische Hauptstadt Zchinwali unter ihre Kontrolle, die Augenzeugen zufolge größtenteils zerbombt ist. Über die Lage in der umkämpften Provinzhauptstadt Südossetiens, Zchinwali, machten beide Lager widersprüchliche Angaben. Es gebe "heftige Gefechte" in Südossetien, sagte der Chef des Nationalen Sicherheitsrats, Alexander Lomaja. Zchinwali sei vollkommen unter georgischer Kontrolle.

Der Erlass des Kriegsrechts, dem das georgische Parlament am Sonnabend zustimmte, gilt zunächst für 15 Tage. Saakaschwili erklärte außerdem, er unterstütze eine Waffenruhe in Südossetien und schlug vor, die Konfliktparteien zu trennen. Nach Angaben des Sicherheitsrats in Tiflis sollen sich die georgischen Truppen aus Zchinwali zurückziehen.

Kämpfe weiten sich aus

Einen Tag nach Ausbruch der offenen Kämpfe in Südossetien weiteten sich die Gefechte auf die ebenfalls von Georgien abtrünnige Provinz Abchasien aus. Russische Flugzeuge bombardierten dem georgischen Fernsehen zufolge Dörfer in der Kodori-Schlucht. Hingegen sagte der selbst ernannte Präsident der Region, Sergej Bagapsch, der Angriff sei von abchasischen Bombern geflogen worden. Nach Angaben eines ranghohen Vertreters der Provinz verstärkte Georgien seine Truppen an der Grenze zu Abchasien.

Im Rahmen der UN-Beobachtermission in Abchasien befinden sich derzeit auch elf deutsche UNOMIG-Soldaten in Abchasien, wie das Verteidigungsministerium in Berlin mitteilte.

Gegenseitige Vorwürfe der Parteien

Georgien und Russland warfen sich gegenseitig die Verbreitung von Falschinformationen vor. Die russischen Berichte von über rund 1500 getöteten Zivilisten durch die georgische Offensive bezeichnete Saakaschwili als "unverhohlene Lügen". Es habe "praktisch keine getöteten Zivilisten gegeben".

Der russische Außenminister Sergej Lawrow hatte zuvor von rund 1500 getöteten Zivilisten durch die georgische Militäroffensive gesprochen. Nach russischen Angaben flohen seit Beginn der Kämpfe in Südossetien mehr als 30 000 Menschen aus der Kaukasus-Region. Demnach wurden zwölf russische Soldaten getötet sowie 150 weitere verletzt.

Ende der Krise gefordert

US-Präsident George W. Bush hat ein Ende der russischen Bombenangriffe in Südossetien und eine sofortige Waffenruhe gefordert. Bei einem Besuch der Olympischen Spiele in Peking zeigte sich Bush sehr besorgt über die "gefährliche Eskalation der Krise". Russland müsse die internationalen Bemühungen zur Vermittlung in dem Konflikt unterstützen. "Die USA nehmen diese Angelegenheit sehr ernst."

"Die Gewalt gefährdet die regionale Stabilität", sagte Bush. Die Truppen sollten die Kampfhandlungen einstellen. Auch müsse es eine Rückkehr zum Status Quo vor dem 6. August geben. "Georgien ist eine souveräne Nation, deren territoriale Integrität respektiert werden muss", sagte der US-Präsident.

"Die Lage kann friedlich gelöst werden." Die USA arbeiteten mit den europäischen Partnern zusammen, um eine internationale Vermittlung einzuleiten. "Russland muss diese Bemühungen unterstützen, damit der Frieden so schnell wie möglich wiederhergestellt werden kann", sagte Bush. Auch China hat einen sofortigen Waffenstillstand gefordert.

Außenpolitiker von SPD und Grünen haben deutliche Kritik am Vorgehen Georgiens geübt. Der Staatsminister im Auswärtigen Amt, Gernot Erler (SPD), hielt der georgischen Regierung eine Verletzung des Völkerrechts vor. Nach Ansicht des außenpolitischen Sprechers der SPD-Bundestagsfraktion, Gert Weisskirchen, hat Georgien mit seinem Vorgehen seine Chancen auf eine baldige Aufnahme in die NATO verschlechtert. Der CDU-Außenexperte Eckart von Klaeden warf dagegen Russland vor, die Eskalation geschürt zu haben. Parteiübergreifend riefen deutsche Politiker zum Waffenstillstand im Kaukasus auf.