Auf Befehl von Präsident Saakaschwili haben die georgischen Truppen das Feuer in der Region um die südossetische Hauptstadt Zchinwali eingestellt. Georgien sendet eine entsprechende Mitteilung an Russland und zeigt seine Bereitschaft, unverzüglich Verhandlungen über eine Waffenruhe und ein Ende der Feindseligkeiten aufzunehmen.

Tiflis/Moskau. Mit 10 000 Soldaten, Hunderten Panzern und Kampfbombern hat Russland im Südkaukasus-Krieg weite Teile der von Georgien abtrünnigen Region Südossetien unter seine Kontrolle gebracht. Georgien verkündete am Sonntagabend eine einseitige Waffenruhe. Zuvor hatte Tiflis bereits seine Truppen aus der Hauptstadt Zchinwali in die umliegenden Berge zurückgezogen. In den Trümmern der weitgehend zerstörten Stadt harrten Tausende Zivilisten aus. In den Straßen lagen viele Leichen. Russland warf den Georgiern am Sonnabend nach deren Angriff auf Südossetien "Völkermord" vor.

Nach georgischen Angaben wurden alle "Militäreinheiten aus dem Konfliktgebiet" abgezogen worden. Russland bestätigte den Erhalt einer entsprechenden Note aus Tiflis. Zugleich kritisierte Moskau aber die Fortsetzung von Kampfhandlungen durch georgische Soldaten in der Konfliktregion. Tiflis erklärte sich verhandlungsbereit. Auf Anordnung des prowestlichen Präsidenten Michail Saakaschwili sei mit dem 10. August das Feuer in Südossetien eingestellt worden, teilte das Außenministerium in Tiflis mit. Zuvor hatte Russland Georgien im Schwarzen Meer mit einer Seeblockade belegt.

Der russische Präsident Dmitri Medwedew beklagte "Tausende Tote" im Konfliktgebiet. Unbestätigten Angaben aus Südossetien zufolge starben bislang allein in Zchinwali etwa 2000 Menschen. Tiflis bezifferte die Zahl der getöteten Georgier bei den Kämpfen auf etwa 200. Das ebenfalls von Georgien abtrünnige Gebiet Abchasien kündigte Unterstützung für Südossetien an und rief das Kriegsrecht aus.

Russische Kampfbomber richteten nach georgischen Berichten schwere Schäden in mehreren Städten des Landes an. Dabei sollen auch Zivilisten ums Leben gekommen sein. Medwedew, der auch Oberbefehlshaber der Streitkräfte ist, begründete das Vorgehen in einem Telefonat mit US-Präsident George W. Bush mit den "barbarischen Handlungen" Georgiens.

Nach Angaben der Bundesregierung in Berlin nahmen Georgiens Außenministerin Eka Tkeschelaschwili und ihr russischer Kollege Sergej Lawrow direkten Kontakt zueinander auf. Auch Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) habe in zahlreichen Telefonaten darauf hingewirkt, sagte Staatsminister Gernot Erler.

Der französische Außenminister und amtierende EU-Ratsvorsitzende Bernard Kouchner wird noch am Sonntag in Tiflis erwartet. Am Montag wolle er nach Moskau weiterreisen, sagte ein Sprecher in Paris.

In der Konfliktregion zeichnet sich nach den Bürgerkriegen Anfang der 1990er Jahre infolge des Zerfalls der Sowjetunion ein neues Flüchtlingsdrama ab. Schätzungen zufolge sind etwa 30 000 Menschen auf der Flucht. Das sind fast die Hälfte aller Südosseten. Auch Georgien fürchtete angesichts zunehmender Panik in einigen Städten eigene Flüchtlingsströme.

"Wir kämpfen nicht gegen den georgischen Staat, sondern führen eine Friedensmission aus", sagte der Stellvertreter des russischen Generalstab-Chefs, Anatoli Nogowizyn, in Moskau. Regierungschef Wladimir Putin reiste am Sonnabend überraschend von den Olympischen Spielen in Peking in die zu Russland gehörende Teilrepublik Nordossetien, um dort mit schwer verletzten Südosseten zu sprechen. Putin wiederholte seine Warnungen vor einer Aufnahme Georgiens in die Nato.

Die moskautreuen Machthaber in der international nicht anerkannten Republik Abchasien am Schwarzen Meer riefen die Mobilmachung ihrer Truppen aus. Abchasische Streitkräfte rückten im Landkreis Gali gegen georgische Stellungen vor, wie das eigene Militär mitteilte. Etwa 100 Kilometer nördlich von Gali griffen Kampfbomber den von Georgien kontrollierten oberen Teil des Kodori-Tals an.

Vor der Schwarzmeer-Küste errichtete die russische Kriegsmarine eine Seeblockade, um eine Belieferung georgischer Häfen mit Waffen oder anderen Gütern zu verhindern. Die Kämpfe hatten am Freitag mit einer georgischen Militäroffensive in Südossetien begonnen. Beide Seiten geben sich gegenseitig die Schuld für die Eskalation des seit Jahren schwelenden Konflikts.

Russland schickte am Sonntag Dutzende weitere Panzer, Militärtransporter und mobile Geschütze nach Südossetien. In dem Separatistengebiet seien 10 000 russische Soldaten sowie 300 Panzer stationiert, meldete der georgische Fernsehsender Rustawi-2.

Georgiens Parlamentsvorsitzender David Bakradse beschuldigte Russland, sein Land erobern zu wollen. "Wir müssen dem Feind an jedem Ort organisiert und standhaft Widerstand leisten", forderte Bakradse.