Hamburg. Konrad Grevenkamp gestaltet seine Häuser nach den Wünschen ihrer Bewohner und nimmt wenig Geld. Lohnt sich das?

Es gibt Fragen, für deren Antwort man erst einmal gründlich in sich gehen muss. Die Frage danach, wie viele Häuser man besitzt, gehört in der Regel nicht dazu. Bei Konrad Grevenkamp ist das etwas anders. „Fünf“, sagt er erst wie aus der Pistole geschossen. Korrigiert sich dann aber wieder: „Ach nee, es sind doch sechs.“ Klarer Fall von einem Immobilien-Investor, der schon etwas die Bodenhaftung verloren hat? Mitnichten. Abgehoben wirkt an Grevenkamp tatsächlich gar nichts. Der 63-Jährige trägt Wetterjacke, Schiebermütze und Jeans, ist kein Lautsprecher und treibt sich lieber auf dem Fußballplatz herum als auf großen Immobilientreffen. „Ich kenne zwar ein paar, aber für die Großen bin ich doch ein ganz kleines Licht“, sagt er. Es dürfte viele geben, die das anders sehen.

Konrad Grevenkamp ist Geschäftsführer der 2011 gegründeten „Impuls 21 Projektgesellschaft“ mit Sitz in einem kleinen Hinterhof am Vogelhüttendeich in Wilhelmsburg. Die Firma kauft leer stehende Immobilien und entwickelt sie für Wohnprojekte und soziale Einrichtungen. So weit, so normal. Das Verfahren aber, nach dem er bei seinen Objekten vorgeht, ist außergewöhnlich: Lange bevor die ersten Handwerker anrücken, veranstaltet er eine öffentliche Versammlung und sucht dort seine zukünftigen Mieter aus, um sie in die Planungen mit einzubeziehen. „Ich möchte gemeinsam mit ihnen überlegen, wie wir das Haus gestalten, damit es zu ihren Bedürfnissen passt.“

Schwäche für alternative Wohnformen

Dabei zeigt sich, dass Grevenkamp eine Schwäche für alternative Wohnformen hat. In seinen Häusern leben fast nur Studenten oder junge Leute bis Ende 20, die Mieten sind vergleichsweise niedrig, im Fall seines ersten Hauses in Wilhelmsburg liegen sie bei 7 Euro pro Quadratmeter. Das hatte er 2005 an der Fährstraße in Wilhelmsburg gekauft, weil er nach jahrelanger Tätigkeit als Geschäftsführer einer gemeinnützigen GmbH „ein bisschen Geld überhatte“. Wer ihn fragt, warum er diese Variante wählt, wenn es auch einfacher ginge, bekommt als Antwort: „So, wie ich es mache, ist es nur am Anfang schwerer, aber danach ist alles leichter, weil man glückliche Mieter hat.“ Wer ihn fragt, warum er nicht mehr Miete nimmt, dem sagt er: „Wenn es sich nicht lohnte, würde ich es nicht machen.“

Schließlich sei er auch Geschäftsmann. Sein Wissen hat er allerdings nicht aus dem BWL-Studium, sondern aus der Praxis. Der Impuls für die Projekte, die er anging, war meist ein inhaltlicher. Nach seinem absolvierten Psychologie-Studium kaufte er 1979 mit Freunden ein leer stehendes Bauernhaus, das sie gemeinsam zu einem Tagungszentrum umbauten. „In dieser Phase habe ich die Grundkenntnisse für alles erworben. Das Handwerkliche, das Kommunikative und das Kaufmännische“, sagt er. Konrad Grevenkamp benutzt gern das Wort „verhältnismäßig“. Und das, was sich gerade an der Hein-Hoyer-Straße auf St. Pauli zugetragen hat, sei ganz und gar nicht verhältnismäßig. Dort musste die Stadt Anfang des Monats zum äußersten Mittel greifen, um Mieter vor krassen Erhöhungen zu schützen: Sie hat von ihrem Vorkaufsrecht Gebrauch gemacht.

Bezahlbarer Wohnraum für junge Leute

Hintergrund ist, dass der Investor – in dem Fall die schwedische Akelius GmbH – trotz intensiver Verhandlungen bei der Modernisierung aus Sicht der Stadt nicht bereit war, die Regeln der Sozialen Erhaltensverordnung einzuhalten, unter anderem die Stabilität der Mieten für einen längeren Zeitraum (lesen Sie dazu auch die Titelgeschichte dieses Magazins) zu garantieren.

Grevenkamp kennt den Fall und findet es richtig, dass die Stadt zu dieser Maßnahme gegriffen hat. Er sagt: „Dass ein Investor mehr Geld zurückhaben will, als er investiert hat, versteht sich von selbst. Aber wie viel mehr das sein muss, ist die Frage.“ Ob es auf diese Frage eine zahlengenaue Antwort geben kann, ist fraglich. Er vertritt die Meinung, dass es gerade in Hamburg eben nicht nur den ehrbaren Kaufmann geben sollte, sondern auch eine Art ehrbaren und vor allen Dingen fairen Vermieter. „Ein guter Vermieter ist meiner Meinung nach einer, der einen fairen Ausgleich zwischen den eigenen Interessen und denen der Mieter anstrebt.“

Grevenkamp geht mit seinem Konzept sicher einen vergleichsweise radikalen Weg, der aber nicht weltverbesserisch daherkommt. So dienen seine Vorhaben zwar immer einem Zweck, etwa, wenn er betont, dass es ihm wichtig ist, bezahlbaren Wohnraum für junge Leute zu schaffen. Aber nicht dem Selbstzweck. „Es muss sich für mich schon auch lohnen“, so Grevenkamp.

Dass Vermieter in der Öffentlichkeit so häufig einen schlechten Ruf genießen, weiß er. „Man hört ja so einiges“, sagt er nur. Aber so sei es nun mal, es gebe eben bessere und schlechtere. Grevenkamp selbst, der kein Auto besitzt und gern Fußball spielt, wohnt übrigens selbst zur Miete. Mit seinem Vermieter sei er ziemlich zufrieden.