Die Rede der Kanzlerin im Video. Peer Steinbrück und Jürgen Trittin waren am Mittwoch ebenfalls zum Wahlkampf in Hamburg.

Hamburg. Eines muss man der CDU ja lassen. Wenn es bei der Bundestagswahl am Sonntag darum ginge, welche Partei ihre Führungsfigur am besten als das inszenieren kann, was sie nicht ist, wäre den Christdemokraten die absolute Mehrheit wohl gewiss.

2009 hatten sie ihre Kanzlerin zu dröhnenden Samba-Rhythmen auf die Bühnen geschickt, und am Mittwochabend in der Fischauktionshalle wurden die mehr als 4000 Unionsanhänger von einer Liveband mit Songs wie „Die Angie muss mal kurz die Welt retten“ und „Satisfaction“ von den Stones auf die Physikerin aus der Uckermark eingestimmt.

Dass sich ein Gast auch noch Roland Kaisers „Schachmatt durch die Dame im Spiel“ wünschte, machte die Sache nicht besser. Aber etwas passender.

Fast zeitgleich sprach Peer Steinbrück auf dem Domplatz am Speersort bei seinem bekannten „Klartext-Open-Air“. Grünen-Spitzenkandidat Jürgen Trittin war zum Wahlkampfhöhepunkt im Landhaus Walter im Stadtpark. Auch von diesen beiden Veranstaltungen berichtet Abendblatt.de. Jürgen Trittin war am Nachmittag bereits für ein Interview in der Abendblatt-Redaktion und versprach Haushalten 50 Euro weniger Stromkosten.

Denn tatsächlich ist es vor allem Angela Merkel höchstpersönlich, die der CDU konstant hohe Umfragewerte beschert und die Gegner reihenweise zur Verzweiflung treibt. Und dabei hat sie den Zirkus, den ihre Partei um sie veranstaltet, gar nicht nötig. So besann sie sich auch beim Wahlkampfhöhepunkt der Hamburger CDU nach dem Einmarsch zu Uffta-Uffta-Bässen und dem Austausch der obligatorischen Nettigkeiten (“Ich bin immer wieder gern in Hamburg“) auf ihre eigentliche Stärke: Eine klare, sachliche Rede, in der sie – entgegen dem Vorwurf ihrer Gegner, gar keine Meinungen zu haben – deutlich die Unterschiede zwischen ihren Zielen und denen der Opposition herausstrich.

So warb die Kanzlerin für ihr Modell eines branchenspezifischen Mindestlohns und lehnte die Forderung nach einem allgemeinen Mindestlohn ab. „Soll die Politik jetzt auch noch die Löhne festlegen?“, fragte sie rhetorisch. Überhaupt wolle sie sich nicht in marktwirtschaftliche Mechanismen einmischen. „Arbeitsplätze entstehen, wenn es Menschen gibt, die wollen etwas unternehmen, die nennen wir dann Unternehmer“, holperte sie leicht, um dann zu betonen, dass diese Unternehmer und ihre Belegschaft mehr von Löhnen verstünden als die Politik. Die Steuern erhöhen wolle sie daher natürlich auch nicht – ihre Herausforderer, die dieses oder jenes anders machen wollen, erwähnte sie mit keinem Wort.

Zum Beispiel die Grünen, die die Idee ins Spiel gebracht hatten, die Deutschen könnten sich doch einen Tag in der Woche vegetarisch ernähren – für Merkel eine wunderbare Vorlage. „Ich glaube, wir sollten den Menschen nicht sagen sollten, wann Sie Fleisch essen sollten und wann nicht.“ In ihrem Pfarrhaus daheim in Mecklenburg-Vorpommern hab es freitags zwar auch kein Fleisch gegeben, aber: „Ich traue den Menschen zu, dass sie das selbst entscheiden können.“ Donnernder Applaus in der Fischauktionshalle.

Es folgten Pädoyers für den Euro, der Frieden und Wohlstand sichere, für mehr Forschung und natürlich für eine Teilnahme an der Wahl. Sie habe ja 35 Jahre in einem Land gelebt, „in dem man zwischen überhaupt nix“ wählen durfte, deshalb finde sie Wahlen super, plauderte Merkel. Das hätte einen Tusch verdient gehabt, doch stattdessen gab es nur Applaus.