Hamburg.

Die Weltreise beginnt um kurz vor sechs, wenn ein früher Vogel sein Radschloss angenehm vorsichtig öffnet, nur ein leises „Bing“ am metallenen Ständer. Gäbe es „Wetten, dass ...?“ noch, ich würde mich bewerben, weil ich zwei Dutzend Räder am Klang ihrer Schlösser erkennen kann. Ich schlafe bei offenem Fenster, von dem aus weder Pferdekoppel noch Bergsee zu erspähen ist, aber drei fensterreiche Wände, blickgeschützt vom hohen Ahorn. Hier bekomme ich eine Sinfonie des prallen Lebens.

Mein Fenster zum Hof ist mein Ohr zur Welt, live und unzensiert. Um sieben kommen die Müllwerker, mit klingendem Schlüsselbundspiel. Volle Tonnen klingen dumpfer. Die Massage-Praxis öffnet. Schwer zu sagen, ob ein Radio läuft oder der Masseur beim Kneten die Nachrichten des Tages deklamiert. Die Teilzeitbewohner der Airbnb-Wohnung reißen ihre Rollkoffer übers Pflaster. Klingt fast wie Mülltonnen. Vorher haben sie rasch und leise leere Flaschen neben die Container gestellt. Menschen aus anderen Ländern fürchten Mülltrennungsfehler. Ein Paar aus den oberen Stockwerken zelebriert seinen täglichen Zoff, der sich wunderbar mit den Klaviertönen mischt, die ein tapfer übendes Menschenkind, nun ja, zaubert. Dem Himmel sei Dank, dass niemand ein Saiten- oder Blasinstrument lernt.