Hamburg. Immer montags gehen wir auf Kritik an der Berichterstattung, auf Wünsche, Fragen und Debatten ein. Und blicken hinter die Kulissen.

Liebe Leserinnen und Leser, liebe Freunde des Hamburger Abendblatts,

immer montags beschäftigen wir uns an dieser Stelle mit Ihren Wünschen oder Ihrer Kritik. Wir wollen auch über die großen Leser(brief)-Debatten sprechen und unseren Leserinnen und Lesern Einblicke­ in unsere Arbeit geben, sowohl in die Art, wie wir recherchieren, als auch, wie das Hamburger Abendblatt gemacht wird. Wenn Sie Anregungen haben, her damit, eine E-Mail reicht. Die Adresse lautet: chefredaktion­@abendblatt.de.

Heute soll es um ein Thema gehen, das für uns als Redaktion große Freude und große Herausforderung zugleich ist: die Bürgerschaftswahl am 23. Februar 2020. Auf der einen Seite kann es für Journalisten kaum etwas Spannenderes geben als eine Wahl im eigenen Bundesland, vor allem dann nicht, wenn zum ersten Mal eine Grüne gegen einen Sozialdemokraten, eine Frau gegen einen Mann antritt. Auf der anderen Seite könnten wieder – wie bei jeder Wahl in den vergangenen Jahren – Vorwürfe laut werden, das Hamburger Abendblatt würde den einen Bewerber oder die andere Partei bevorzugen. Und dann wird auch erneut die Frage gestellt, wo wir als Zeitung eigentlich politisch stehen.

Bürgerschaftswahl 2020: Was das Abendblatt auszeichnet

Die Antwort ist ganz einfach: Wir sind unabhängig, und wir bemühen uns gerade in Zeiten sich nähernder Wahlen, so ausgewogen wie möglich zu berichten. Was deshalb gar nicht so einfach ist, weil einige der Kandidaten Doppelrollen haben. Peter Tschentscher ist eben nicht nur Spitzenkandidat der SPD, sondern auch amtierender Bürgermeister; Katharina Fegebank tritt einerseits als seine Herausforderin auf, andererseits als Zweite Bürgermeisterin und Wissenschaftssenatorin. Will sagen: Amtsinhaber haben gegenüber den Politikern, die aus der Opposition (oder gar aus der außerparlamentarischen Opposition) kommen, den Vorteil, dass über sie auch als handelnde Mitglieder einer Regierung berichtet wird.

Deshalb kann der Eindruck entstehen, dass wir über die SPD und die Grünen zum Beispiel mehr schreiben als über die CDU und die FDP. Tatsächlich berichten wir – auch in den Monaten vor Wahlen – über die Arbeit von Bürgermeistern und Senatoren. Dass die bestimmten Parteien angehören, ist deren Vorteil, Amtsbonus genannt. Darüber ärgern sich heute beispielsweise Anhänger der CDU; als Ole von Beust Bürgermeister war, haben sich Anhänger der SPD darüber geärgert.

Interviews und Podcasts mit klarem Ziel

Darüber hinaus sollen die Beteiligten so gut es geht gleich behandelt werden. Das heißt zum Beispiel, dass wir den Parteien anbieten, ein Gespräch mit ihrem jeweiligen Hamburger Spitzenkandidaten/der Spitzenkandidatin und dem Bundesvorsitzenden/der Bundesvorsitzenden zu führen. Die Interviews wird es auch als Podcasts geben, damit sich alle, die das wollen, ein ungefiltertes, direktes Bild von den Kandidaten und ihren Programmen machen können.

Natürlich werden bei der Berichterstattung in den kommenden Monaten Umfragen eine Rolle spielen. Eine haben wir selbst in Auftrag gegeben, die Ergebnisse werden am 6. Januar, dem Tag unseres traditionellen Neujahrsempfangs, veröffentlicht. Diese Umfragen haben Einfluss auf Themenschwerpunkte, sie können dazu führen, dass plötzlich eine bestimmte Partei oder eine bestimmte Person in den Mittelpunkt rückt, weil sie zum Beispiel überraschend viele Stimmen im Vergleich zur letzten Bürgerschaftswahl zu bekommen scheint.

Was Politik mit Fußball zu tun hat

Auch das: völlig normal, etwa so, wie wir ausführlicher über einen Fußballspieler berichten, der fünf Tore erzielt hat, als über einen, der gar nicht eingewechselt wurde.

Um den Informationsbedürfnissen unserer Leserinnen und Leser, aber auch der Bandbreite der politischen Parteien und ihrer Vertreter gerecht zu werden, werden wir über die Wahl und den Wahlkampf noch ausführlicher berichten als in den vergangenen Jahren. Ganz neu ist unser YouTube-Kanal zur Wahl, auf dem drei junge Reporter zwischen 16 und 20 Jahre die Spitzenkandidaten aus ihrer Sicht befragen werden. Auch das soll dabei helfen, ein umfassendes, ausgewogenes Bild zu vermitteln.

Berichterstattung: Politiker ließen Zeilen zählen...

Ob uns das vor Kritik schützt, hier oder dort einseitig gewesen zu sein? Wahrscheinlich nicht. Vor Wahlen kann sich die Stimmung leicht so aufschaukeln, dass schon kleine Ungleichheiten als große Ungerechtigkeiten empfunden werden. Es ist noch gar nicht so lange her, dass Parteivertreter die Zeilen und Fotos im Hamburger Abendblatt gezählt haben, um so zu beweisen, dass wir Politiker A schlechter behandelt hätten als Politiker B …

Ach ja: Und eine Wahlempfehlung für eine bestimmte Partei oder Person werden wir selbstverständlich nicht geben, auch wenn das in anderen Ländern durchaus üblich ist. Das Einzige, was wir allen, die in dieser Stadt leben, raten werden, ist: Gehen Sie wählen!