Der Kieler Streit um die Vollverschleierung zeigt: Frauen- und Minderheitenrechte sind wieder verhandelbar.

Es ist 13 Jahre her, da veröffentlichte Henryk M. Broder das sarkastische Buch „Hurra, wir kapitulieren! Von der Lust am Einknicken“. Der damalige „Spiegel“-Journalist und 68er kritisierte darin die Appeasementpolitik gegenüber dem Islamismus und stellte die Frage, ob ein System umso anfälliger für totalitäre Versuchungen werde, „je liberaler es ist und je weniger Erfahrung es mit politischen Ideen gemacht hat, die sich demokratischer Mittel bedienen, um die Demokratie auszuhebeln“.

2006 klang das etwas übertrieben. Angesichts eines in Deutschland eher zurückhaltenden Islam, der von der säkularen Türkei geprägt war, galt schon die Kopftuch-Debatte als Ereignis. Inzwischen ist Broders Frage aktueller denn ja. Das Kopftuch ist längst als modisches Accessoire akzeptiert. Die Verschleierung der Köpfe und Hirne geht weiter.