Wer mit moralinsaurem Zeigefinger das „Horrorszenario Vergnügungspark“ in die Luft zeichnet, verwechselt Gustav mit Gasthof. Ein Pro für die Stadtseilbahn.

New York hat eine (Roosevelt Island Tramway), Barcelona hat eine (Transbordador Aeri del Port), Hongkong hat eine (Ngong Ping 360), Singapur hat eine (Jewel Box), und sogar Köln hat eine Stadtseilbahn, die seit 1957 bisher rund 17 Millionen Menschen vom Zoo über den Rhein auf die „Schäl Sick“, die sogenannte „falsche“ Rheinseite, transportiert hat; das Ganze unfallfrei, bequem, spektakulär, zügig, irgendwie einmalig – und nicht mal besonders teuer. 6,50 Euro kostet einen Erwachsenen der Roundtrip, tolle Aussicht auf die weltberühmte Skyline der Domstadt inklusive.

Nebenbei hat die Kölner Stadtseilbahn dafür gesorgt, dass die prinzipiell gemiedene „Schäl Sick“ stärker in den Fokus der naserümpfenden Innenstädter rückte und mittlerweile viel von ihrem angeblichen Schrecken verlor. Das sollte man auch der Veddel respektive Wilhelmsburg nur wünschen: Dass eine Seilbahn dazu beitragen möge, endlich die lästige hanseatische Attitüde zu entkräften, die da heißt: Am Südufer der Elbe beginnt die Sahara, da fährt man bloß durch.

Wer meint, es sich leisten zu können, ein rund 35-Millionen-Euro wertvolles Geschenk an eine tourismusorientierte Stadt ablehnen zu müssen, würde sich ohne Not mit Sicherheit einer nachhaltigen Attraktion berauben. Auch die Gegner müssen mangels Erfahrungswerten im Konjunktiv argumentieren. „Was wäre, wenn die Seilbahn pleiteginge – blieben dann die Pylone stehen?“, heißt es unter anderem, oder: „Liefe Hamburg nicht große Gefahr, zu einem neuen Disneyland zu verkommen?“

Natürlich nicht. Keine der fünf erstgenannten Stadtseilbahnen fährt unrentabel. Und wer mit moralinsaurem Zeigefinger das „Horrorszenario Vergnügungspark“ in die Luft zeichnet, verwechselt Gustav mit Gasthof: Zwar hat die Stadt ihre Event-Kapazitätsgrenze inzwischen wohl erreicht (dreimal jährlich Dom, einmal jährlich Hafengeburtstag, die Harley-Days, der Triathlon, der Marathon, die Cyclassics, das Alster-Vergnügen; dann noch die vielen Weihnachtsmärkte ...), aber niemand würde bloß wegen einer Stadtseilbahn nach Hamburg reisen, noch würde St. Pauli „aus allen Nähten platzen“ – was es an Wochenenden doch eh schon tut. Doch eine urbane Seilbahn über die Elbe wäre eine Zugabe, ein Sahnehäubchen auf dem reichhaltigen Hamburger Touristenteller sowie ein unübersehbares, positives Marketinginstrument für Hamburg-Tourismus. Und das Beste ist: Für dieses Dauer-Highlight müssten die eventgeplagten Hamburger nicht einmal nervige Straßensperrungen in Kauf nehmen.