Die Ölwirtschaft in Hamburg geht, die Windkraft kommt

Der Essener Energiekonzern RWE will sein Hamburger Tochterunternehmen RWE Dea verkaufen. Es ist ein erfolgreiches Unternehmen und eines von nur zwei deutschen überhaupt, die hierzulande und international Öl und Erdgas suchen und fördern. Ob RWE Dea nach einem Verkauf am Standort erhalten bleibt, lässt sich derzeit nicht sagen. In der Hansestadt arbeiten 600 der insgesamt 1400 Dea-Mitarbeiter. Es liegt aber in der Logik von Firmenübernahmen, dass die Gestalt des gekauften Unternehmens den Bedürfnissen des Käufers angepasst wird - und das bedeutet in der Regel Stellenstreichungen vor Ort.

In der Hamburger Energiewirtschaft lässt sich praktisch beobachten, was man theoretisch-trocken Strukturwandel nennt. Hamburg war früher Deutschlands bedeutendste Stadt für die Mineralölwirtschaft: Importhafen, Raffineriestandort, Zentrale für die Bereederung von Öltankern, vor allem aber Metropole des deutschen Tankstellengeschäfts. Das alles gibt es in der Hansestadt zwar noch immer, aber in weitaus geringerem Umfang als noch vor zehn oder 20 Jahren.

Das Geschäft mit Ölimporten und der Herstellung von Kraftstoffen ist heute bedeutungslos, die Bereederung von Öltankern überlassen die deutschen Schifffahrtsunternehmen spätestens seit der Ölkrise der 1970er-Jahre lieber den griechischen Magnaten. Vor allem aber schrumpfte das von Hamburg aus gesteuerte Tankstellengeschäft in der vergangenen Dekade deutlich, durch Fusionen von Tankstellenmarken wegen des sinkenden Benzinbedarfs in Deutschland. Längst haben Shell, Esso, BP und Conoco ihre üppigen Geschäftspaläste in der City Nord geschleift. In deutlich bescheideneren Quartieren in der Stadt harren sie einem weiter schrumpfenden Kraftstoffgeschäft.

Seit zehn Jahren aber wachsen in Hamburg zugleich die erneuerbaren Energien zu einem wichtigen Wirtschaftsfaktor heran, vor allem die Windkraftindustrie, auch die Solarbranche. Mit mehr als 15.000 Arbeitsplätzen ist die Hansestadt inzwischen ein Zentrum für die Umsetzung der Energiewende im Land. An der Elbe hat dieser Wirtschaftszweig seine goldenen Zeiten wohl noch vor sich.