Olaf Scholz lässt das Prinzip des “guten Regierens“ vermissen.

Aus dem Wahlkampf haben die Hamburger den Ersten Bürgermeister Olaf Scholz (SPD) noch als finanzpolitischen Zuchtmeister in Erinnerung. Keine öffentliche Mehrausgabe ohne Gegenfinanzierung aus dem Haushalt - das war Scholz' Credo, und nicht zuletzt wegen dieser Zusicherung wurde er gewählt. Jetzt ist sein Senat gut zwei Wochen im Amt und der Beobachter kommt aus dem Staunen nicht heraus.

Die SPD ist schlicht der Versuchung erlegen, in der Regierungsverantwortung Schönwetter-Politik zu machen. Es gilt das Sorglos-Motto geübter Verkäufer: Darf's ein bisschen mehr sein? Um nicht missverstanden zu werden: Wenn Sozialsenator Detlef Scheele (SPD) die Rücknahme der Kita-Gebühren-Erhöhung und das kostenlose Mittagessen für die Kleinen ankündigt, dann ist das lediglich die Umsetzung eines SPD-Wahlversprechens.

Wenn aber derselbe Senator zusammen mit Schulsenator Ties Rabe (SPD) das Bildungspaket des Bundes für Hartz-IV-Empfänger um gut zwei Millionen Euro aufstockt, dann ist das ein Extra, das zwar in der Sache gerechtfertigt ist und den Betroffenen zugutekommt. Nur: woher nehmen? Diese Frage bleibt ausgeblendet. Oder: Rabe garantiert allen Eltern, die dies wollen, einen Platz für ihr Kind in der Vorschule. Auch hier: Gegenfinanzierung Fehlanzeige.

Nach zehn Oppositionsjahren in der Hamburgischen Bürgerschaft kann die SPD nun ihr sozialpolitisches Profil durch Wohltaten schärfen. Das ist politisch verständlich. Und natürlich entspricht es administrativer Cleverness, sich zehnmal für eine gute Nachricht feiern zu lassen und nur einmal - später - mit der ganzen Wahrheit bitterer Einschnitte für die Bürger herauszurücken.

Nur: Dieses Vorgehen hat noch nichts mit dem ehernen Prinzip des "guten Regierens" zu tun, an dem sich Olaf Scholz messen lassen will. Gutes Regieren gewährleistet die Grundbedürfnisse der Menschen in der Metropole, aber es schenkt ihnen auch reinen Wein ein, was die Finanzierbarkeit angeht. Die Stunde der Wahrheit kommt nun erst mit dem Haushaltsplan-Entwurf des Senats Anfang Mai.