Wichtige Details der Haushaltssanierung fehlen noch.

Dramatische Worte zur finanziellen Lage, tagelange Klausurtagungen, Sparbeschlüsse, Proteste - die Nachrichten aus Hamburg erinnern stark an den Herbst 2010, als CDU und GAL die Stadt mit ihrem Sparprogramm in Atem hielten. Ein Déjà-vu? Nicht ganz. Auf den ersten Blick unterscheidet sich die Finanzpolitik des neuen SPD-Senats zwar kaum von der ihrer Vorgänger. Da die Stadt schon jeden zehnten Euro in Form von Zinsen an die Banken überweist, verfolgen oder verfolgten beide das lobenswerte Ziel, einen Haushalt ohne Neuverschuldung zustande zu bringen. Wie richtig das ist, zeigt eine einfache Rechnung: Für die 24 Milliarden Euro an Schulden hat die Stadt schon rund 28 Milliarden Euro an Zinsen gezahlt - sie hat sich also unterm Strich nicht Handlungsspielraum erkauft, sondern sie hat ihn verkauft.

So einig sich die großen Parteien in dem Ziel sind, dass es so nicht weitergehen kann, so unterschiedlich sind doch die geplanten Wege dorthin. Schwarz-Grün versuchte zu viel auf einmal und wollte ein in kürzester Zeit gezimmertes Sparpaket mit der Brechstange gegen Proteste durchsetzen - und scheiterte. Ein Lehrbeispiel dafür, wie es nicht geht. Gegen große Teile der Bevölkerung kann kein Senat anregieren.

Auch daher wählt Olaf Scholz einen anderen Weg. Angelehnt an die gesetzliche Schuldenbremse 2020 will der Bürgermeister den Haushalt nicht mit einem Kraftakt, sondern in vielen Trippelschritten über neun Jahre ausgleichen. Das klingt nicht besonders ambitioniert, aber da die schwarz-grüne schnelle Klettertour mit dem Absturz endete, dürfte der lange steinige Weg eher zielführend sein - auch weil er Raum für politische Gestaltung und für Reaktionen auf besondere Lagen lässt, zum Beispiel einen Konjunktureinbruch.

Allerdings verlangt Scholz enorm viel: einen Vertrauensvorschuss auf volle neun Jahre, also zwei Wiederwahlen vorausgesetzt. Es hat viel mit der Ernsthaftigkeit des Bürgermeisters und seines Finanzsenators Peter Tschentscher zu tun, dass dieser Vorschuss gerechtfertigt sein könnte. Aber dafür müssen sie weitere Fakten liefern: Wo in den Behörden sollen jedes Jahr 250 Stellen gestrichen werden? Was passiert, wenn die Tarife stark steigen? Wie werden die 50 Millionen Euro Mehrausgaben für das Weihnachtsgeld der Beamten finanziert? Woher kommt das Geld für die Kompensation der Studiengebühren? Fragen über Fragen. Scholz muss darauf konkret und nachvollziehbar antworten. Sonst sät er Zweifel, verliert Vertrauen und wird scheitern.