Berlin. Die Außenministerin erklärt bei “Anne Will“ die Lieferung schwerer Waffen. Kompliziert wird es bei der Positionierung zu Olaf Scholz.

  • Bei "Anne Will" kommunizierte Baerbock Argumente für die Lieferung schwerer Waffen an die Ukraine
  • Die Gefahr eines Dritten Weltkriegs sei dadurch nicht gestiegen
  • Bei der Positionierung zu Scholz geriet die Außenministerin unter Druck

Mehr Pragmatismus, weniger Dogmatismus: Annalena Baerbock steht wie keine zweite für die neuen Grünen. Bislang funktioniert dieser Kurs im Kontext des russischen Angriffskrieges gut. Während der hadernde SPD-Bundeskanzler zusehends an Zustimmung verliert, scheinen die Grünen mit sich im Reinen – über Bord gegangener Pazifismus hin oder her.

Wie machen die das? Bei "Anne Will" ließ sich exemplarisch beobachten, wie die Außenministerin in diesem eigentlich für die Grünen komplizierten Spannungsfeld argumentiert. "Panzer ins Kriegsgebiet - wohin führt Deutschlands Ukraine-Politik?", war die Sendung überschrieben. Neben Baerbock saßen in der Runde: SPD-Chefin Saskia Esken, die Verteidigungspolitiker Marie-Agnes Strack-Zimmermann (FDP) und Johann David Wadephul (CDU) sowie der Journalist Markus Feldenkirchen.

"Anne Will": Diese Gäste waren dabei

  • Annalena Baerbock (Bündnis 90 / Die Grünen), Bundesaußenministerin
  • Saskia Esken (SPD), Parteivorsitzende
  • Marie-Agnes Strack-Zimmermann (FDP), Bundestagsabgeordnete und Mitglied im Bundesvorstand
  • Johann David Wadephul (CDU), Bundestagsabgeordneter und Stellvertretender Vorsitzender der CDU/CSU-Bundestagsfraktion für den Bereich Auswärtiges, Verteidigung
  • Markus Feldenkirchen, Politischer Autor im "Spiegel"- Hauptstadtbüro

Baerbock: Größeres Leid ohne schwere Waffen

Interessant war zunächst, wie Baerbock die nun geplante Lieferung schwerer Waffen kommunizierte. So vermied es die Außenministerin, rechthaberisch zu wirken – und sich zu sehr festzulegen. War die Entscheidung ganz sicher richtig? "Mit absoluter Sicherheit kann man gar nichts sagen", entkam Baerbock.

Doch es folgten einige Argumente dafür. Da Putin mit allen Regeln gebrochen habe, sei es richtig, den Ukrainern bei ihrer Verteidigung zu helfen, sagte Baerbock. Und verwies auf die Folgen des Nicht-Handelns: "Wenn wir nichts tun würden, wäre das Leid der Ukrainerinnen und Ukrainer noch viel, viel schlimmer."

Zugleich sicherte sich die Außenministerin mit dem Verweis auf die internationale Ebene ab. Auch die anderen westlichen Staaten würden so handeln, erinnerte sie. "Das ist keine deutsche, sondern eine internationale Entscheidung."

Welche Panzer werden in die Ukraine geliefert?

Das war plausibel. Unter Druck geriet Baerbock allerdings, als es um den konkreten Gegenstand der deutschen Lieferungen ging.

"Wir wägen jeden Schritt ab", wich die Ministerin aus. Man dürfe nicht Dinge versprechen, die dann nicht haltbar seien. Ein wunder Punkt, wenn man bedenkt, dass manche der nachgefragten Panzer nur mäßig einsatzbereit sind und teilweise längeres Training auf ukrainischer Seite benötigen.

Schwierige Positionierung zu Scholz

Eine weitere Schwierigkeit war für Baerbock schließlich ihre Haltung zum Bundeskanzler. Olaf Scholz hat sich lange und mit unterschiedlichen Argumenten gegen die Lieferung schwerer Waffen gestellt. Schließlich musste er nachgeben – obwohl er zuletzt sogar argumentiert hatte, dass ein solcher Schritt die Gefahr eines Dritten Weltkriegs erhöhen könnte.

Direkt stellte sich die Außenministerin nicht gegen ihren Regierungschef. "Das war kein Umschwung", behauptete Baerbock mit Blick auf Scholz neue Haltung, nun doch schwere Waffen liefern zu wollen. Vielmehr habe alles vorbereitet werden müssen. Auch sei jetzt nicht die Zeit, in der Regierung zu streiten.

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Das klang loyal, indirekt distanzierte sich Baerbock aber durchaus. Einerseits räumte sie ein, dass die Entscheidungen schneller hätten fallen können. Das kann man schon als Seitenhieb verstehen, da vor allem Scholz und seine SPD gebremst haben.

Vor allem aber folgte Baerbock nicht dem zentralen Argument von Scholz, wonach die Lieferungen zu weiterer Aggression durch Putin führen könnten. "Die Gefahr ist nicht größer geworden", sagte sie. Es sei vom ersten Tag an klar gewesen, auf welcher Seite Deutschland in diesem Krieg stehe.

Das Fazit

Annalena Baerbock blieb auch bei diesem Auftritt in ihrer Argumentation konsistent. Man könnte nun behaupten, dass dies an der bequemeren Position der neuen Grünen liegt: denn moralisch richtig und damit inhaltlich einfacher zu argumentieren ist es schon, schwere Waffen zu liefern.

Doch das wäre zu kurz gesprungen, denn Baerbock und ihr rhetorischer Mitstreiter Robert Habeck riskieren zumindest intern durchaus etwas, wenn man bedenkt, welche Haltung die Grünen bislang zu Krieg und zu Rüstungslieferungen hatten. "Jetzt gilt es, pragmatisch zu sein", mahnte Baerbock, und fast klang es, als ob sie auch ihre eigene Partei meinte.

Zur Ausgabe von "Anne Will" in der ARD-Mediathek

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Dieser Artikel erschien zuerst auf www.waz.de.