Hamburg. Arnim Stauth hat bereits 2010 auf mutmaßliche Fälle von Belästigung beim WDR hingewiesen. Aufgeklärt wurden die Fälle damals nicht.

Nun ist es raus: Am späten Mittwochabend nannte das NDR-Medienmagazin „Zapp“ den Namen des Mannes, der bereits 2010 vergeblich versuchte, mehrere Fälle mutmaßlicher sexueller Belästigung im WDR aufzuklären.

Er informierte die damalige Intendantin Monika Piel über seine Erkenntnisse. Doch statt den Informationen seriös nachzugehen, ließ der Sender die Sache im Sande verlaufen. Dem Tippgeber wurden gar arbeitsrechtliche Konsequenzen angedroht. Der Mann, dem dies widerfuhr, ist der derzeitige Brüsseler WDR-Korrespondent Arnim Stauth.

Stauth machte sich einen Namen mit seinen Berichten aus Krisenregionen wie Afghanistan und dem Irak. Der mehrfach ausgezeichnete Reporter gilt als seriös und integer. Er ist kein Spinner, der sich etwas ausdenkt. Allerdings gilt sein Verhältnis zum heutigen WDR-Fernsehdirektor Jörg Schönenborn, dem früheren Chefredakteur des Senders, als schwierig. Doch der WDR verweigerte „Zapp“ ebenso wie unserer Redaktion ein Gespräch mit Stauth, mit dem Hinweis, man wolle die Aufklärung der Sache nicht behindern.

Hätte der WDR früher von den Fällen wissen können?

Aufzuklären gibt es im WDR einiges. Etwa die Frage, ob man von dem Fall, über den Stauth 2010 die Intendantin informierte, nicht schon viel früher hätte wissen können. Es gibt Hinweise, dass zumindest Schönenborn bereits 2002, spätestens aber 2003, von Belästigungsvorwürfen gegen einen früheren Redakteur der WDR-Programmgruppe Ausland wusste. Sie finden sich in einer Klageschrift, die Stauth im April 2016 beim Arbeitsgericht Köln einreichte. Darin ging es auch um die Ermahnung, die er vom WDR erhalten hatte, weil er den Vorwürfen sexueller Belästigung im Sender nachgehen wollte. Der Reporter fühlte sich vom WDR gemobbt.

In der Klageschrift, die dieser Zeitung vorliegt, heißt es „2002/2003“ sei „eine Beschwerde einer Betroffenen“ gegen den damaligen WDR-Auslandsredakteur „bis zum Chefredakteur gegangen“. Und weiter: „Herr Schönenborn hat das in einem Gespräch mit dem Kläger am 8.2.2012 zunächst abgestritten, nach Vorhalt, dass es dafür mindestens zwei Zeugen gäbe, aber eingeräumt.“

WDR will nur von „unangemessenem Führungsverhalten“ gehört haben

Der WDR bestätigt auf Anfrage, „dass der damalige Chefredakteur über Dritte einen Hinweis bekommen hat“. Dabei sei es aber „nicht um sexuelle Belästigung“ gegangen, „sondern um unangemessenes Führungsverhalten, konkret eine Einladung in die Betriebskantine“.

Das hat man in Redaktionskreisen anders in Erinnerung: Demnach habe sich die Mitarbeiterin über anzügliche SMS-Nachrichten des Redakteurs beklagt. Bei ihr soll es sich um eine Studentin gehandelt haben, wie aus einem Schreiben Stauths vom 8. November 2010 an die damalige Intendantin Piel hervorgeht, in dem er den Fall ebenfalls erwähnt

Weitere Medienmacher-Kolumnen finden Sie hier:

Twitter gibt Deutschland-Zentrale auf – weniger Mitarbeiter

Beim „Spiegel“ deutet sich ein Ende der Ära Brinkbäumer an

Wie die ARD ihre Nachrichten jetzt neu organisiert