Schließungen der Galerie der Gegenwart und des Altonaer Museums, Kosten der Elbphilharmonie - von Welck gerät immer stärker in die Kritik.

Hamburg. Es waren nicht ihre Wochen. Nach den Ankündigungen der Galerie der Gegenwart und des Altonaer Museums , für eine längere Zeit schließen zu müssen, geriet Kultursenatorin Karin von Welck immer stärker in die Kritik, vor allem weil der Eindruck entstand, dass weniger Brandschutzarbeiten der Grund seien, sondern Sparmaßnahmen. Die heftigen Auseinandersetzungen um Mängellisten und Kosten der Elbphilharmonie betrafen ebenso ihr Ressort wie die Forderung der Jungen Union, die Kulturbehörde gleich ganz abzuschaffen.

Abendblatt: Macht es gerade Spaß, Kultursenatorin zu sein?

Karin von Welck: Ich empfinde es nach wie vor als eine unglaublich herausfordernde, wichtige und schöne Aufgabe. Dass es manchmal auch ein bisschen mühsam ist, gehört zum Job.

Als Sie gelesen haben, dass die Junge Union vorschlägt, die Kulturbehörde aus Spargründen abzuschaffen, war das vermutlich einer der mühsameren Tage. Was war da Ihr erster Gedanke?

Offensichtlich gehört der Vorsitzende der Jungen Union genau zu der Generation, an der die kulturelle Erziehung ein bisschen vorbeigegangen ist. Nicht umsonst versuchen wir, den Stellenwert der kulturell-ästhetischen Erziehung zu erhöhen. Das gelingt immer mehr, ist aber jahrelang nicht so geglückt.

Drückt ein solcher Vorschlag nicht auch mangelnde Wertschätzung aus?

Ich habe den Eindruck, dass sowohl die Abgeordneten als auch der Fraktionsvorsitzende der CDU den Vorschlag für unbedacht halten. Die Wertschätzung ist hoch. Und das betrifft nicht nur meine Person, sondern den Stellenwert der Kultur insgesamt.

Dienstag letzter Woche haben Sie erklärt, Sie und Kunsthallen-Direktor Hubertus Gaßner seien sich einig, dass die Galerie der Gegenwart nicht aus Spargründen geschlossen werden dürfe. Zwei Tage später sagte Gaßner, er sehe keine andere Sparmöglichkeit. Wie denn nun?

Es wird nicht aus Spargründen geschlossen. Es gibt einen anderen Sparvorschlag der Kunsthalle, der gerade erarbeitet wird, mir aber noch nicht vorliegt. Meine Mitarbeiter halten die Ansätze für vernünftig.

Es gibt einen Sparvorschlag, den Ihre Mitarbeiter kennen, Sie aber noch nicht?

Ich kenne die Einzelheiten noch nicht, aber meine Mitarbeiter haben mich mündlich informiert, dass der Sparvorschlag aus vielen Einzelmaßnahmen besteht, schriftlich liegt er noch nicht vor.

Auch der Direktor des Altonaer Museums hat im Abendblatt-Interview gewarnt, dass sein Haus geschlossen werden müsste. Tags darauf wurde das in einer Pressekonferenz relativiert. Glauben Sie tatsächlich, dass sich Torkild Hinrichsen ohne Not zu einem so dramatischen Schritt entschlossen hat?

Ich habe den Eindruck, dass Herr Hinrichsen die Lage falsch eingeschätzt hat. Er hätte sich intern absprechen müssen, bevor er sich mit auf Gerüchten basierenden persönlichen Einschätzungen an die Öffentlichkeit wendet.

Offenbar gibt es erhebliche Kommunikationsprobleme zwischen den Museumsdirektoren und Ihrer Behörde.

Das kann man so generell nicht sagen. Die allgemeine Verunsicherung von Herrn Hinrichsen hängt sicher auch damit zusammen, dass innerhalb der Stiftung Historische Museen, zu der das Altonaer Museum gehört, noch eine ganze Reihe von Dingen zu klären sind.

Unterstellen Sie Herrn Hinrichsen, dass er aufgrund einer Verunsicherung nicht angemessen reagiert hat?

Nein, ich schätze Herrn Hinrichsen sehr, als profunden Kenner der norddeutschen Kulturgeschichte und als Museumsmann alten Schlages. Für ihn ist es aber sicher schwierig, sich vorzustellen, dass Museen, wenn sie in die Zukunft geführt werden, auch strukturelle Erneuerungen brauchen. Eine Museumsschließung kann jedoch keine Lösung sein kann.

Geben Sie eine Bestandsgarantie?

Die vier großen Standorte der Stiftung Historische Museen (Hamburgische Geschichte, Altona, Museum der Arbeit und Helms-Museum) sind richtig und wichtig. Wir werden uns aber fragen müssen, in welcher Form wir uns die Außenstellen noch so leisten können.

Außenstellen wie das Bergedorfer Schloss oder das Jenisch-Haus stehen zurzeit konkret auf dem Prüfstand?

Alle Außenstellen stehen auf dem Prüfstand. Wobei ich nicht davon ausgehe, dass Außenstellen geschlossen werden müssen. Es geht darum, sie auf andere Weise zu strukturieren und zu führen.

Es soll einen "Elder Statesman" als Generaldirektor der Stiftung Historische Museen geben. Wird es nicht langsam Zeit, den zu präsentieren?

Ja, allerdings nicht bevor die Museumsdrucksache von der Bürgerschaft beschlossen worden ist.

Haben Sie den Kandidaten schon?

Ich bin in Gesprächen mit sehr erfahrenen Museumslenkern, die Lust haben, die Sache in die Hand zu nehmen.

Sind Millionenprojekte wie der zentrale Kulturspeicher und das Hafenmuseum angesichts des Sparkurses nicht alles Luftschlösser?

Es gibt keinen Sparkurs, sondern die Auflage, mit den vorhandenen Mitteln auszukommen und im Rahmen der Wirtschaftspläne zu wirtschaften. Den zentralen Kulturspeicher halte ich auf Dauer für Hamburg für unverzichtbar.

Keine Tabus, hat der Bürgermeister übers Sparen gesagt. Ist das, was zuletzt passiert ist, eine Art Testballon für die Grausamkeiten, die bald anstehen?

Was ist denn in den letzten Wochen passiert? Eine schlechte Kommunikation über Brandschutzmaßnahmen, was ich sehr bedauerlich finde. Aber die Ankündigung des Bürgermeisters, alles auf den Prüfstand zu stellen, ist natürlich dramatisch. Wenn es richtig ist, dass 500 Millionen Euro im nächsten Jahr im Etat fehlen, brauchen wir viel Unterstützung, damit die Kultur, die ja nur rund 2,3 Prozent des Gesamthaushalts ausmacht, keinen Schaden nimmt.

Sind Sie schon aufgefordert worden, eine Sparliste zu erstellen?

Nein, bisher liefen die Verhandlungen mit der Finanzbehörde in einem sehr vertretbaren Rahmen. Die neue Meldung kam für uns alle überraschend.

Was - außer der Vergabe von Biermann-Ratjen-Medaillen - ist Ihrer Behörde in den letzten Monaten gelungen?

Für uns alle ist ein Erfolg, dass das Elbphilharmonie-Richtfest vernünftig über die Bühne gegangen ist. Sehr erfolgreich waren die Festivals Elbjazz und Harbour Front, wir haben die Kreativ Gesellschaft gegründet, die Kinder- und Jugendkultur wird immer stabiler.

Schwer zu glauben, dass Sie das Ausmaß der Verkantungen auf der Elbphilharmonie-Baustelle als "vernünftig" beurteilen.

Das habe ich auch nicht gesagt. Ich bin froh, dass der Bau jetzt so weit ist. Dass es erhebliche Auseinandersetzungen mit Hochtief gibt, will ich gar nicht außen vor lassen. Die Klage auf Fortführung des Terminplans ist ein guter Schritt. Wir haben gelernt, dass man mit harten Bandagen kämpfen und zugleich die Verhandlungen konstruktiv führen muss. Beides werden wir tun.

Hätte man den Ärger vermeiden können, indem man eine Behörde ans Ruder lässt, die diesen langen und kostspieligen Lernprozess nicht erst machen muss?

Der Lernprozess hätte durchaus schon vorher stattfinden können. Die Stadt Hamburg hat - wie alle Beteiligten - insgesamt die Komplexität des Projekts anfangs unterschätzt.

Wie sinnvoll ist es bei all den Baustellen, dass Sie auch noch für Tennisturniere und Fußballplätze verantwortlich sind?

Das ist doch ein schöner Ausgleich. Und die Grundstrukturen sind nicht so verschieden: Es gibt die breite Basis und die strahlenden Großprojekte.

Es ist also eine gute Idee, dass die Kulturbehörde auch den Sport verwaltet?

Gut oder nicht will ich mal dahingestellt lassen. Wir sind jetzt die Behörde für Kultur, Sport und Medien. Man muss versuchen, auch Kinder und Jugendliche aus benachteiligten Familien oder mit Migrationshintergrund in die Gesellschaft zu integrieren. Das gelingt mit Kultur und Sport am besten.

Sie würden also wieder so entscheiden: Kultur und Sport gehört in eine Hand.

Das ist ja nicht meine Entscheidung, sondern die des Bürgermeisters.

Und Sie haben fröhlich Danke gesagt?

So fröhlich auch nicht, denn das bedeutet natürlich jede Menge Termine, aber ich finde, wir betreuen den Sport vernünftig und es macht Spaß. Insgesamt gilt: Es wird weiter gekämpft.