Das Universum meldet sich mit einer elektronisch simulierten Klassik-Kakofonie zu Wort. Und dann knarzt und fiept und blubbert und rasselt es. Teilweise schön, teilweise weniger schön.

Das Universum meldet sich mit einer elektronisch simulierten Klassik-Kakofonie zu Wort. Und dann knarzt und fiept und blubbert und rasselt es. Teilweise schön, teilweise weniger schön. Nun liegt also das zwölfte Studioalbum der britischen Elektro-Popper Depeche Mode im Regal, das die Band in einem Anfall von Augen zwinkerndem Größenwahn "Sounds Of The Universe" betitelt hat. Niemals würde sie sich komplett neu erfinden. Warum auch. Ihr Elektro-Blues gepaart mit einer Pose aus Marter und Pein ist längst zum Klassiker geronnen. Die seit den 80er-Jahren gültige Erfolgsformel wird in engen Grenzen variiert.

Diesmal hat Martin Gore die beliebte Hexenmaschine "Pro Tools" beiseitegelegt, bei Ebay einen Haufen Vintage-Synthesizer und Rhythmusmaschinen zusammengekauft und ihnen vitale, auch verstörende, Sounds entlockt: "Diese analogen Geräte sind unvorhersehbar. Sie produzieren keinen Ton zweimal", erzählt Sänger Dave Gahan. Die erste Single "Wrong" ist bezeichnend für das unverwüstliche Trio. Da wird man zu Beginn gleich dreifach mit "falsch" ermahnt. "Wir alle begehen ja ständig Fehler. Das fängt beim Schuhebinden an", meint Dave Gahan. "Entscheidungen haben eben Folgen. Einige führen durch offene Türen, andere gegen steinerne Wände." Manche, vielleicht falsche, Soundentscheidung endet hier an einer kalten Konsolenwand.

Vielleicht geht es der Band ja zu gut. Vergessen die Ego-Kämpfe zwischen Sänger Dave Gahan und Songwriter Martin Gore, die Nervenzusammenbrüche von Keyboarder Andy Fletcher. Der Suff und die Narkotika. Heute verbreiten die Mittvierziger ihre elegante Melancholie als Familienväter, die Gemüse und Sport lieben und die Versuchungen der Partys meiden. Gahan gibt den geläuterten Messias, der sich seiner Emotionen immer noch in unvergleichlichen Hymnen entledigt. Gore bleibt der geniale, verschrobene Songwriter-Kopf, der knapp wird, sobald er über seine Arbeit sprechen soll. Wie schon auf dem Vorgängeralbum "Playing The Angel" trägt Gahan drei selbst verfasste Songs bei, die wie "Miles Away/The Truth Is" an Schliff gewonnen haben. Fletcher hat sich mit der Rolle des leicht übersehenen Tastenarbeiters im Hintergrund abgefunden.

Manches, wie die Gitarren in dem Grunge-Kracher "Hole To Feed", ebenfalls aus der Feder von Gahan, erinnert an beste "Personal Jesus"-Zeiten. Mit brummigem Bariton singt er von inneren Leerstellen und fehlender Herzenswärme. "Ja, ich kriege nie genug. Meine Erwartungen sind immer zu hoch", erläutert Gahan. Die Band wälzt die großen Sinnfragen. In dem entrückten "Spacewalker" sieht man Martin Gore insgeheim über den Mond tapern. "Wir alle suchen Erfüllung in einer Beziehung oder einer Mission. Wir hungern nach etwas außerhalb. Dabei sollten wir uns stärker auf das konzentrieren, was um uns herum geschieht", so Gahan.

Vieles dreht sich um die unverrückbaren Themen des Pop: Liebe, Leidenschaft und Leiden. "Das Universum ist voller Möglichkeiten. Die Zeit, sie zu nutzen, ist begrenzt", philosophiert Gahan. Das gilt auch für eine der erfolgreichsten Bands der Welt. Depeche Mode haben auch nach der Hochphase des Elektro-Pop verlässlich sehr passable Alben herausgebracht. "Sounds Of The Universe" zählt da zu den besseren, wenn auch spröderen. Aus der Mode werden sie so schnell nicht kommen. Das Hamburger Konzert am 2. Juni ist ausverkauft.

Depeche Mode: Sounds Of The Universe, Mute/EMI; www.depechemode.de