Der vom Papst angestrengte Prozess gegen die “Titanic“ ist für das Magazin hervorragende Werbung. Hefte werden teuer gehandelt.

Hamburg. Die "Titanic" hat sich wieder in die Schlagzeilen gebracht: Der aktuelle Titel, der Papst Benedikt XVI in äußerst unvorteilhafter Pose zeigt, verkauft sich wie geschnitten Brot. Bei Ebay werden die Hefte für 20 Euro und mehr gehandelt, und in Hamburg ist das Magazin vielerorts bereits ausverkauft.

Dass ihre aktuelle Ausgabe sich so großer Beliebtheit erfreut, hat die "Titanic" neben dem Papst vor allem der Pressekammer des Hamburger Landgerichts zu verdanken. Sie untersagte dem Blatt per einstweiliger Verfügung, die Ausgabe weiter in den Handel zu bringen und schürte den Hype damit nur noch. Bereits ausgelieferte Exemplare dürfen jedoch weiterverkauft werden. In der bildlichen Darstellung liege eine Verletzung des Persönlichkeitsrechts des Papstes, teilte das Gericht mit. Verstößt die "Titanic" nun gegen die einstweilige Verfügung, droht ein Zwangsgeld von 250 000 Euro.

In der Tat, der aus dem Verkehr gezogene Titel hat es in sich: Er zeigt den Papst mit ausgestreckten Armen, ein gelber Fleck vorn und ein brauner Fleck im Gesäßbereich besudeln die Soutane. Mit dem Schriftzug "Halleluja im Vatikan - die undichte Stelle ist gefunden" spielt das Magazin auf die Vatileaks genannte Enthüllungsaffäre an, bei der mehrfach geheime Dokumente aus dem Vatikan bekannt geworden waren. Die "Titanic" spricht von Satire.

Mit der Durchsetzung der Unterlassung hatte Erzbischof Angelo Beccio im Namen des Papstes eine Bonner Kanzlei beauftragt. Dass die Klage in Hamburg eingereicht wurde, wundert kaum: Die Pressekammer ist bekannt für ihre Tendenz, das allgemeine Persönlichkeitsrecht höher zu werten als das Recht auf Meinungsfreiheit. Als fliegender Gerichtsstand ist die Kammer praktisch für alle überregional erscheinenden Presseerzeugnisse zuständig - wenn sie denn von den Klägern ausgewählt wird.

In üblicher Manier hatte die "Titanic" auf die gerichtliche Entscheidung reagiert. Benedikt XVI. müsse die "Titanic" missverstanden haben, erklärte Chefredakteur Leo Fischer. Das inkriminierte Titelbild zeige doch nur den Papst, der vor lauter Freude über die Aufklärung der Spitzelaffäre ein Glas Limonade über sein Gewand verschüttet habe. Und man wisse schließlich, dass der Papst das Erfrischungsgetränk Fanta liebe. Auf der Internetseite ist jetzt zu sehen, wie Benedikt XVI. unter dem Schriftzug "Der Papst im Freudenrausch" lächelnd zwei Flaschen schwenkt, aus denen Fanta heraussprudelt. Das Gewand des Pontifex freilich ist unbefleckt und himmlisch weiß.

Die "Titanic" tut also, was sie am besten kann: Sie polarisiert und lotet die Grenzen der Satire aus. Beim Deutschen Presserat sind bis gestern Abend mehr als 40 Beschwerden gegen das Magazin eingegangen, sagte Sprecherin Edda Kremer dem Abendblatt. Einige sähen ihre religiösen Gefühle verletzt oder hielten das Cover mit der Würde des Amtes für unvereinbar. Matthias Kopp, Sprecher der Deutschen Bischofskonferenz, sagte, die "Titanic" überschreite "jedes Maß an Zumutbaren". Heftige Kritik an der einstweiligen Verfügung äußerte indes der Vorsitzende des Deutschen Journalisten Verbandes, Michael Konken: "Auch der Papst muss sich Satire gefallen lassen."

In der Frankfurter Redaktion knallen derweil die Korken, zugleich hält "Titanic"-Chef Fischer den medialen Zirkus mit knackigen Sottisen auf Trab, klein beigeben werde man nicht. "Wir werden sämtliche Rechtsmittel ausschöpfen und notfalls bis zum jüngsten Gericht ziehen", sagte er. Er wolle dem Papst "die Hand zur Versöhnung" reichen, er könne ja mal auf einen Kaffee in der Redaktion vorbeikommen.

Seit Gründung der Zeitschrift sind mehr als 35 "Titanic"-Ausgaben verboten worden. So untersagte bereits 2006 das Landgericht Hamburg den Nachdruck einer Ausgabe mit Kurt Beck und dem Schriftzug "Problembär außer Rand und Band: Knallt die Bestie ab!" Der Papst hat nach Angaben der "Titanic" noch nie geklagt, ist aber schon früher in unvorteilhafter Weise abgebildet worden, etwa 2009: Da war ein schwarz bekleckerter Benedikt XVI. vor einem Schrottplatz zu sehen, Titel: "Abwrackprämie sichern. Altpapst verschrotten".