Die Ki.Ka-Affäre ist immer noch nicht komplett aufgeklärt. Ein Herstellungsleiter hatte seit 2002 8,2 Millionen Euro veruntreut.

Hamburg. Als am 7. Dezember des vergangenen Jahres die Meldung die Runde machte, die Staatsanwaltschaft Erfurt habe gegen einen leitenden Mitarbeiter des Kinderkanals (Ki.Ka) Haftbefehl wegen des Verdachts der Untreue und des Betrugs in Millionenhöhe erlassen, wussten Branchenkenner, dass dieser Fall außergewöhnlich war. Gewiss, Untreue und Betrug hat es bei ARD und ZDF immer wieder mal gegeben. Der ehemalige Sportchef des Hessischen Rundfunks, Jürgen Emig, hatte beispielsweise von Sponsoren, die er in von ihm verantworteten Sendungen untergebracht hatte, 525 000 Euro Schmiergeld kassiert. Aber um Beträge in Millionenhöhe war es bei solchen Betrügereien nie gegangen.

Der Ki.Ka-Herstellungsleiter Marco Kirchhof hat nach allem, was man heute weiß, den Gebührenzahler zwischen 2002 und 2010 mihilfe von Scheinrechnungen um 8,2 Millionen Euro betrogen. Weil die Fälle der Jahre 2002 bis 2005 aber verjährt sind, wurde er im Juli lediglich wegen der Veruntreuung von 4,6 Millionen Euro zu einer Haftstrafe von fünf Jahren und zwei Monaten verurteilt. Erledigt hat sich die Affäre damit aber noch längst nicht. In dem Verfahren gegen Kirchhof vor dem Erfurter Landgericht ging es fast ausschließlich um Rechnungen, die der Herstellungsleiter mithilfe der Berliner Kopp Film fingiert hatte. Gegen andere Ki.Ka-Lieferanten, die ebenfalls im Verdacht stehen, auf Veranlassung von Kirchhof nie erbrachte Leistungen abgerechnet zu haben, ermittelt nach wie vor die Staatsanwaltschaft.

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Verantwortlich für den Ki.Ka ist innerhalb der ARD der MDR. Im Zuge der Affäre verlor MDR-Verwaltungsdirektor Holger Tanhäuser seinen Job, der damalige MDR-Fernsehdirektor Wolfgang Vietze wurde ermahnt und Ki.Ka-Programmgeschäftsführer Steffen Kottkamp abgemahnt. Dass mittelbar auch der Ende Oktober erfolgte Rücktritt von MDR-Intendant Udo Reiter mit der Ki.Ka-Affäre in Zusammenhang steht, gilt als offenes Geheimnis. Offiziell gab Reiter, dessen Vertrag noch bis 2015 Gültigkeit besessen hätte, sein Amt aus gesundheitlichen Gründen auf.

Aber die Ki.Ka-Affäre hatte noch ganz andere Weiterungen. Nachdem nun alle Welt wusste, dass das unzureichende Controlling im MDR geradezu zum Betrug einlud, wurden von einem Sonderermittler des Senders alle relevanten Geschäftsvorgänge unter die Lupe genommen. Dabei kam heraus, dass MDR-Unterhaltungsdirektor Udo Foht Privatpersonen und Unternehmen auf MDR-Briefpapier aufgefordert hatte, Zahlungen an ihn zu leisten, mit denen angeblich Produktionen vorfinanziert werden sollten. Der Sender hat Foht mittlerweile fristlos gekündigt. Gegen ihn ermittelt die Staatsanwaltschaft.

Ausläufer der Ki.Ka-Affäre erreichten auch Hamburg, wo Frank Beckmann, Vorgänger des abgemahnten Ki.Ka-Programmgeschäftsführers Kottkamp, als NDR-Programmdirektor und ARD-Unterhaltungskoordinator wirkt. Er musste wie sein Nachfolger als ehemaliger Vorgesetzter Kirchhofs vor Gericht aussagen. Beide hatten sich damit herausgeredet, für den Bereich des Herstellungsleiters nicht zuständig gewesen zu sein. Der Vorsitzende Richter bescheinigte beiden TV-Managern, sie seien ihrer "Verantwortlichkeit nicht nachgekommen". Der Karriere von Beckmann, gegen den MDR-Intendant Reiter gar Schadenersatzansprüche geltend machen wollte, hat das nicht geschadet.