Organisator Nikolaus Besch verteidigt das privat finanzierte Hamburger Theaterfestival gegen den Vorwurf, es zeige lediglich Gastspiele.

Hamburg. Vom 2. Oktober bis zum 13. November geht das dritte Hamburger Theaterfestival über die Bühne. Organisiert wird der vollständig privat finanzierte Schauspielreigen von dem ehemaligen Leiter des Bergedorfer Theaters Haus im Park der Körber-Stiftung, Nikolaus Besch. In der vergangenen Woche entwickelte der Intendant des Thalia-Theaters und Max-Brauer-Preisträger, Joachim Lux, ausgehend von den "Lessingtagen" die Idee eines großen Hamburger Theaterfestivals nach dem Vorbild der Wiener Festwochen, das sich vom Thalia-Theater bis zur Elbphilharmonie und weitere Häuser erstrecken solle. Wir sprachen mit Besch, 50, über die Lux-Initiative und über das kommende Theaterfestival.

Hamburger Abendblatt: Thalia-Intendant Joachim Lux hat in der vorigen Woche von seiner Vision eines großen Theaterfestivals für Hamburg gesprochen. Hat Sie das überrascht?

Nikolaus Besch: Nun, das Hamburger Theaterfestival gibt es ja bereits. Es hat sich - getragen von großzügigen Mäzenen und Förderern sowie einer überwältigenden Zuschauerresonanz - seit dem ersten Mal im Jahr 2009 höchst erfreulich entwickelt und gehört vom Finanzvolumen her bereits zu den großen Festivals in Hamburg.

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Lassen Sie die Kritik gelten, beim Hamburger Theaterfestival handele es sich "nur" um ein buntes Potpourri spektakulärer Gastspiele?

Besch: Große Festivals, ob im deutschsprachigen oder weiteren internationalen Raum, leben von Gastspielen. Es liegt in der Natur des Theaters, dass es auf der Bühne bunt zugeht, in der einzelnen Produktion wie auch in der Mischung eines Festivalprogramms. Es kommt uns bei der Auswahl einzig auf die Qualität der Produktionen und hervorragende schauspielerische Leistungen an. Im Übrigen verweise ich darauf, dass dieses Festival im Jahr 2010 ein großes Nachwuchsprojekt durchgeführt hat und in diesem Jahr die Ausstellung "In Masken geht die Zeit" präsentiert. In den kommenden Jahren wollen wir auch internationaler werden, wieder einen starken Nachwuchsakzent setzen und möglicherweise auch Koproduktionen angehen. Alles soll sich aber organisch entwickeln.

Haben Sie mit Herrn Lux darüber gesprochen?

Besch: Nein, noch haben wir nicht gesprochen, haben es aber vor.

Wir sind neben dem Theatertreffen in Berlin die einzige deutsche Stadt, die auf einem Festival so viele herausragende Aufführungen zeigt. Braucht Hamburg mehr Theater?

Besch: Hamburg ist eine gewachsene Theaterstadt, die Zuschauer sind erfahren und neugierig, ohne ihre eigenen Theater zu vernachlässigen. Das Festival soll in ganz enger Partnerschaft mit den Hamburger Theatern ausgebaut werden, möglicherweise auch genreübergreifend. Zu viel Theater haben wir noch lange nicht.

Das Hamburger Theaterfestival wird von Hamburger Wirtschaftskräften finanziell gefördert, und zwar mit insgesamt beachtlichen 500 000 Euro. Warum tun die das?

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Besch: Hamburger Kaufleute unterschätzt man, wenn man behauptet, sie seien an der kulturellen Entwicklung ihrer Stadt nicht interessiert. Das stimmt nicht.

Vielleicht, weil ihre Frauen gerne lesen?

Besch: Nein! Ich hab mit den Herren gesprochen. Viele von ihnen waren vom Versuch, ein Theaterfestival aus dem Boden zu stampfen, sofort begeistert. Ohne mit ihren Frauen Rücksprache zu halten. Das Festival wird von den Bürgern getragen.

Warum nutzt die Stadt es nicht stärker, mit ihrem außergewöhnlichen kulturellen Angebot zu werben?

Besch: Politik, Tourismuszentrale, die ganze Stadt definiert sich viel zu wenig über Kultur. Man müsste viel mehr mit unseren Theatern, Orchestern, der Oper, den Museen werben. In den Köpfen der politisch Verantwortlichen wächst erst langsam die Einsicht, wie wichtig Kultur für eine Metropolfunktion ist. Warum kommen Studenten her, was macht die Stadt lebenswert? Da kann man nicht immer nur mit Hafen und Wirtschaft argumentieren.

Was erwartet uns denn beim Programm des dritten Hamburger Theaterfestivals?

Besch: Acht Produktionen und eine Ausstellung. Wir eröffnen mit der "Aufführung des Jahres", Elfriede Jelineks "Das Werk/Im Bus/Ein Sturz", inszeniert von der künftigen Schauspielhaus-Intendantin Karin Beier. Wir zeigen zudem großes Schauspieler-Theater aus Wien, München, Berlin, Zürich und Mannheim.

Schauspieler wie Eva Mattes, Michael Maertens und Nicole Heesters sind alle Hamburger Theaterlieblinge, die jetzt hier gastieren. Merken Sie das beim Vorverkauf?

Besch: Ja und nein. Die Zuschauer wollen eigentlich alle Aufführungen sehen. Aber Nicole Heesters in einer Calixto- Bieito-Inszenierung aus Mannheim, so etwas lieben die Zuschauer besonders.