Das privat finanzierte Hamburger Theaterfestival zeigt eine Auswahl hoch gelobter Stücke. Darunter auch “Das Werk/Im Bus/ Ein Sturz“.

Hamburg. Großartig, wie viele herausragende Inszenierungen das Hamburger Theaterfestival auch in diesem Herbst wieder präsentieren wird. Allein die Eröffnung, zu der am 2. und 3. Oktober im Schauspielhaus "Das Werk/Im Bus/ Ein Sturz" gezeigt wird - eine Inszenierung der künftigen Schauspielhaus-Intendantin Karin Beier aus Köln -, sprengt alles, was man derzeit auf deutschen Bühnen sehen kann.

Die Aufführung, nach einem Text von Elfriede Jelinek, die sich mit großen Baukatastrophen der letzten Jahre beschäftigt, wird von 80 Personen getragen, die auf der Bühne spielen, singen, musizieren, tanzen und am Ende auch tauchen, überrollt und geschluckt werden. Es beginnt mit einem zehnminütigen Monolog, mit einem musikalischen Spiel auf gefüllten Wassergläsern und endet mit gigantischen Wassermassen, die die Bühne überfluten. Der Mensch und die Technik im Kampf gegen die Natur ist das große Thema dieses Abends, der die elementaren Theaterkräfte geradezu entfesselt.

Die Aufführung, die das diesjährige Berliner Theatertreffen eröffnet hatte, versetzte die Zuschauer zum Schluss, als es auf der Bühne gerieselt, gesprudelt, gegluckert und geschäumt hatte, in tosende Begeisterung.

Acht viel diskutierte Aufführungen zeigt das Hamburger Theaterfestival in der Zeit vom 2. Oktober bis zum 13. November, darunter Produktionen aus Zürich, Wien, Mannheim oder München, so Festivalleiter Nikolaus Besch. In Inszenierungen von Matthias Hartmann, Martin Kusej und Barbara Frey stehen unter anderem Stars wie Nina Hoss, Tobias Moretti, Michael Maertens, Nicole Heesters und Juliane Köhler auf den Bühnen im Deutschen Schauspielhaus, Thalia-Theater, St.-Pauli-Theater und auf Kampnagel.

Erstmalig ergänzt eine Ausstellung das Programm. Im Museum für Kunst und Gewerbe sind Werke des Maskenbildners Wolfgang Utzt zu sehen.

Getragen wird das Festival, das in diesem Jahr zum dritten Mal stattfindet und über einen Etat von 920 000 Euro verfügt, ausschließlich von Privatgeldern und Förderern. In den vergangenen Jahren lag die Platzauslastung des Festivals nahezu bei 100 Prozent. Gut möglich, dass das auch in diesem Jahr wieder so sein wird. Schließlich gibt es aufregende Abende mit Schillers einziger Komödie, "Der Parasit" (4. bis 6. Oktober, Thalia-Theater), mit Nina Hoss als "schwarzer Raubkatze" in "Medea" (9. Oktober, Schauspielhaus), mit Tolstois Monumentalepos "Krieg und Frieden" in viereinhalb Stunden (12., 13. November, Thalia-Theater).

Birgit Minichmayr und Sebastian Blomberg sind in einem Kammerspiel mit messerscharfen Dialogen, "Das Interview" (15., 16. Oktober, Kampnagel) zu sehen, Martin Kusejs Eröffnungsinszenierung vom Münchner Residenztheater, "Das weite Land", in der unter anderem Eva Mattes, Juliane Köhler und Tobias Moretti spielen (22., 23. Oktober, Schauspielhaus) ist dabei, Nicole Heesters spielt in "Bernarda Albas Haus" (5., 6. November, Thalia), und es gibt eine dreistündige "Platonow"-Aufführung, in der "ein grandioses Ensemble einen atemberaubenden Tschechow" zeigt, einen "Wahnsinnsabend", wie die Kritik schrieb (26., 27. Oktober, Thalia).

Gleich zweimal ist der Hamburger Ausnahmeschauspieler Michael Maertens zu Gast, als "Ekel zum Verlieben" in "Der Parasit", der Geschichte eines Emporkömmlings und Intriganten, die Burgtheaterdirektor Matthias Hartmann inszeniert hat. Und als "Nervenüberspannungskomiker" Platonow, der sich zwischen zwei Frauen nie entscheiden kann. Wer im vergangenen Jahr Birgit Minichmayr als "Weibsteufel" verfallen ist, kann sich nun daran sattsehen, wie sie eine Soap-Darstellerin spielt, die sich in einem Interview mit einem Journalisten ein packendes Psychoduell liefert. Das Stück, nach dem Film des ermordeten Regisseurs Theo van Gogh, hat Martin Kusej zwischen Balztanz und Machtspiel inszeniert.

Lange war der Katalane Calixto Bieito als Skandalregisseur verschrien. Doch was er in Mannheim mit Garcia Lorcas "Bernarda Albas Haus" präsentierte, wurde von Jubelstürmen begleitet. Nicole Heesters als selbstgefällige Mutter, die ihre fünf Töchter einsperrt, spielt eine Frau, in der das Feuer brennt und die sich ein perverses Vergnügen daraus macht, aus den anderen herauszudreschen, was in ihr selbst heftig gärt.

14 großartige Schauspieler spielen je bis zu acht Rollen in Matthias Hartmanns Inszenierung vom Wiener Burgtheater, "Krieg und Frieden". Hier wird, wie auf einer öffentlichen Probe, an Holztischen gelebt, geliebt und gestorben. So sollte Theater sein.

Karten gibt es an allen Theaterkassen und unter www.hamburgertheaterfestival.de